Ätherisch, luftig, spirituell und verschleiert in Trauer wirkt das Cover von Duncan Pattersons (Ex-ANATHEMA, Ex-ANTIMATTER) auf den neugierigen Hörer. Die Musik hält, was die geisterhaft helle Aufmachung verspricht. „Immaculada“ stellt ein zerbrechliches Gespinst dar, das getragen von nord- bis südländischer Folklore seine unaufdringlichen Stimmungen webt, irgendwo verortet zwischen ANTIMATTER, Loreena McKennitt und entmetallisierten VIRGIN BLACK.
Dramatisch treibend und mit betörend mystischer Gesangsmelodie hätte „Temptation“ einen besseren Eröffnungstanz abgegeben als das mysteriös repetitive Akustik-Gezupfe mit Geister-Vocals des Titeltracks. Unmittelbar ergreifend ist das Albums sicher nicht in seiner Gänze, dazu entfalten die acht Tracks ihre Wirkung aufgrund vieler monotoner Songaufbauten nicht schnell genug. Ohne verzerrte Gitarren wird „Immaculada“ nicht die Reflexe der Hard-Rock-Jünger und Vollzeitmetaller ansprechen, sehr wohl aber den offenen Musikhörer mit Hang zum Spirituellen. Der zurückhaltende Frauengesang ohne Elfenfaktor unterstreicht den ohnehin schon melancholischen Grundton der Stücke. Der Gesang steht aber nicht im Mittelpunkt des Geschehens - auch keine Strophe/Refrain-Muster. Die Songs stellen einen Fluss dar, dessen Strömung man sich ergeben muss, um Freude aus ihm zu schöpfen.
Auf mehr als zehn Minuten streckt Patterson einige seiner Kompositionen: „Cetatea Cisnadioara“ beginnt mit Regenprasseln, dann folgt gesprochener Text. Gespenstische Klangblumen erblühen im Hintergrund, gebrochene Akkorde erklingen und eine hohe Frauenstimme singt ohne klare Wortartikulation. Für den schnellen Konsum ist das nicht gedacht, denn viele Tracks bauen ihre Spannung nur sehr subtil auf: Stoische Rhythmen, einsame, akustische, hallende Tonfolgen, Piano-Akzente und meditative Stimmungen bestimmen das Album. Es wäre jedoch vorschnell, „Immaculada“ als langweilig abzutun, weil das Album durchaus eine faszinierende Atmosphäre verbreitet, deren Wirkung man sich erarbeiten muss.
FAZIT: Mystisch, sphärisch und zerbrechlich zeigt sich „Immaculada“. Die geisterhafte Weltmusik zwischen Loreena McKennit und DEAD CAN DANCE bietet nicht bloß die Gelegenheit zum entspannten Abschalten, sondern auch Gelegenheit zur nachdenklichen Selbstreflexion während einer Gedankenreise zwischen irischer Instrumental-Mystik und mediterranen Schwingungen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.06.2010
Duncan Patterson
Lisa Cuthbert, Aoife Cuthbert, Mark Kelson, Vic Anselmo, Oana Alexandra Coman-Sipeanu, Mila Maia, Veronica Neumann, Gina Rios, Viola Roccagli, Laura Santos
Duncan Patterson, Mark Kelson, Nuno Roberto
Duncan Patterson (mandolins, piano), Gokce Coskun (violin), Ana Figueiredo (flute), Colin Fromont-Placenti (djembe, cajón, darbuka), Steve Mullen (Uilleann pipes), Filipa Vale (violin, cello)
Equilibrium Music
50:27
10.05.2010