PRETENDERS-Chrissie war mit ihrem Projektpartner J.P. Jones (nein, nicht der vom bleiernen Luftschiff) liiert, entschied aber ob des zu großen Altersunterschieds, die Beziehung zu beenden. Die Verse "He was learning to stand when I was wearing my first wedding band" spricht es aus; für ein wenig leutselige Musik entlang der ewigen Indie-/Folk-/Singer-/Songwriter-Mauer reichte der Schulterschluss aber noch.
Ohne den Bekanntheitsgrad der Protagonistin spräche man nach Genuss dieses ersten Hynde-Abstechers in Sologefilde von "Fidelity" als guter Pflichterfüllung, jedoch nicht von einem bestechenden Album. Gerade die Fülle an Hörangeboten auf diesem Gebiet ist es, welche die Euphorie dämpft. Was zeichnet die Scheibe abgesehen von den Standards (gediegene Instrumentierung, beschwingte Leichtigkeit, kolportierte Bodenstädigkeit) aus? Der Duettgesang als solcher klingt freilich wenig originell, wenngleich die Stimmen von Hynde und Jones Charakter besitzen und dem Genöle diverser Schräg-Folker entgegenstehen. "Fairground Luck" geht dessen ungeachtet als fast zu verträumt, "Australia" als regelrecht kitschig durch. Sobald Jones während "Courage" selbige mit rauchiger Intonation bekundet, rückt dies die niemals heile Welt wieder gerade, damit der Hörer auch in kontemplativer Herbststimmung in die Realität zurückkehren kann. Prinzipiell wäre es interessanter, über die einzelnen Texte zu sprechen, so man sich für allzu Privates interessierte. Das ist womöglich im besten Sinne so, wie es im Falle von narrativer Musik ablaufen sollte; zu packenden Songs gereicht es jedoch nicht.
Zumindest die Dynamik der Platte wirkt insofern außerordentlich, als dass "Fidelity" gen Ende hin nicht zerfleddert, sondern noch versonnener und sehnsuchtsvoller als während der ersten Tracks tönt. Von einem Konzept zu sprechen, wäre wohl zu vermessen; andererseits mutet das Album durch die alles umschließende Liebeskisten-Klammer stringenter an als das Sammelsurium loser Ideen, welches artverwandte Ensembles häufig zu Gehör bringen.
FAZIT: PRETENDERS-Anführerin Chrissie Hynde hat mit ihrem Ex eine nette Akustikrock-Platte veröffentlicht, die nicht weiter aus dem Wust der Genreveröffentlichungen herausragt. Hyndes Musik erfährt hier eine leichte Verjüngung, da sie mit "Fidelity" auch die Nachgewachsenen anspricht. Ihre Mitmusiker agieren derweil bis auf Jones unauffällig, und so darf man die Lieder in ihrer Gesamtheit - im Positiven wie Negativen - ebenfalls bezeichnen.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.10.2010
J.P. Jones, Vezio Bacci
Chrissie Hynde, J.P. Jones
Chrissie Hynde, J.P. Jones, Patrich Murdoch
Sam Swallow
Geoff Holroyde
Ear Music / Edel
43:10
22.10.2010