Hier hat der Hörer es mit einem fast im Alleingang gestemmten Melodic-Rock-Projekt zu tun, das überraschend wenig mit den Auftragsarbeiten und lieblosen Fließbandveröffentlichungen der einschlägigen AOR-Labels zu tun hat. Michel LAZARO braucht nicht mit den kurz aufspielenden Gästen Jordan Rudess, Mel Gaynor und Uriah Duffy hausieren zu gehen, um seine Qualitäten an den Mann zu bringen.
Der Titelsong geht textlich als Liebeshymne an die Musik durch: charmanter Piano-AOR mit unverkennbarer Jordan-Rudess-Prägung, obwohl der DREAM-THEATER-Keyboarder nur während "Heaven In Hell" mitspielt. Dennoch bearbeitet der Komponist seine Tasten ähnlich stilvoll, wenn es allein um die Begleitfunktion geht. Schillernde Virtuosität wird man auf "Vision" ohnehin nicht hören, was LAZARO nicht daran hindert, vitale Springinsfelds wie "Sun" loszulassen - hier geht in der Tat der gelbe Ball am Horizont auf; die folgende Mainstream-Ballade ohne Kitsch verdunkelt ihn nicht, zumal es mit besagtem Himmel-Hölle-Song sowie "1118" hörbar dramatisch und damit dynamisch mit Hinblick auf die Gesamtstruktur der Scheibe wird. "Stonetemple" könnte man als einen der gediegeneren Momente des zweiten LTE-Albums verstehen, wo einiges vergleichbar lange dahinplätscherte. "Morpheus" ist sich dieser Schuld ebenfalls bewusst, oder weshalb hat LAZARO es der Schlummergottheit gewidmet? Zum Glück entschäfigt "Colour of Spring" schließlich in farbenfroher, nahezu poppiger Manier mit YES-mäßigen Chören. Der Aufbau des Albums erscheint schlüssig, die Tracks keineswegs zusammengestückelt.
Der französische Musiker hatte offenbar ein Konzept für dieses Projekt im Hinterkopf, über welches das zweiseitige Booklet sich leider ausschweigt. Nun gut, der durchweg klasse Gesang ist verständlich, das Material so leicht zugänglich, dass man sich den Kopf nicht zerbrechen muss, sondern vielmehr Spaß mit der Platte haben sollte. "Vision" geht als gefühlvolle, bombig produzierte Sanftsalbe durch und verursacht nie Plüschallergie. Affektiert die Schlüpfer stürmend (falls Damen mittleren Alters sich derlei für ihre Männer noch anziehen) spielen sich ebenfalls andere auf; den Gockel hat Michel nicht nötig.
FAZIT: Michel LAZARO empfiehlt sich der Kundschaft zwischen Hardrock und poppigem Prog mit einem Album, das mehrheitlich auf Ballast verzichtet und dabei eingängige, jedoch nie zu vorhersehbare quasi-Hits setzt. Bitte anchecken und nicht davon abschrecken lassen, dass es sich mehr oder minder um einen Einzelkämpfer handelt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.09.2010
Philippe Chayeb, Uriah Duffy
Michel Lazaro, Yan Fab
Jean-Pierre Claverie, Jimi Savage
Michel Lazaro, Jordan Rudess
Reda Samba, Damien Schmitt, Mel Gaynor
Musea
51:21
01.10.2010