Fangen wir einfach mal mit ein paar Zahlen an: "Mental Slavery" ist das siebte Doppelalbum nacheinander, das Claus Larsen unter dem Namen LEÆTHER STRIP seit 2007 veröffentlicht hat. Daneben gab es noch ein paar EPs, die es nur zu bestimmten Auftritten gab und einige Downloads. Wie bei Alfa Matrix üblich, erscheint auch dieses Album in einer limitierten Box und zu den 30 Songs auf dem regulären Album gibt es noch eine weitere CD mit dem Titel "Mental Disturbance", auf der sich 17 Remixe finden sowie eine Download-Karte, mit der man sich nochmals 19 Remixe herunterladen kann. Das macht dann mal eben 66 (!!!) neue Tracks, die sich der geneigte Fan mit diesem Release zu Gemüte führen kann.
Ja, das ist natürlich viel zu viel des Guten und wohl kaum jemand hat die Zeit und die Muße, sich ausführlich mit so einem Mammut-Werk zu beschäftigen. Und so sind glücklicherweise "nur" die 30 Tracks des Doppelalbums Gegenstand dieser Besprechung, gleichzeitig aber auch der erste und entscheidende Kritikpunkt. Wie eine Mutter, die jedes ihrer Kinder gleich stark liebt, scheint auch Claus Larsen jeden einzelnen seiner Tracks so sehr zu lieben, dass er sie ausnahmslos alle veröffentlicht, statt eine Auslese der Besten vorzunehmen. Zwar wäre auch ein Album mit 16 bis 20 Tracks immer noch sehr lang, aber in diesem Falle wäre es die bessere Lösung gewesen. Denn so mancher Track gehört ganz sicher zu den besten, die Claus je geschrieben und aufgenommen hat.
Die Arbeit an seinen ersten Alben unter dem Titel "Retention" hat offenbar soviel Eindruck bei ihm hinterlassen, dass sowohl eine ganze Reihe der härteren Tracks, als auch einige der ruhigeren sich deutlich am LEÆTHER STRIP-Sound der 90er orientieren, auch die verzerrten Vocals tragen hierzu bei. Dazu kommen einige Songs, bei denen Claus seine Vorliebe für Sounds der 80er ausspielt ("H. C. Ørsted", "Strobe Lights") und dezent rockige Einflüsse ("It's The End"). Als Highlights entfalten sich das treibende, mit geilen Bass-Sequenzen unterlegte "Out There", das dramatische "I Watch You Fall", das aggressive "Turmoil (Fuel For Fascism)", "I Feel Human" sowie die beiden ruhigeren Nummern "We Build The Walls" und "Slow". Insgesamt fällt auf, dass Claus viel mit ungewöhnlichen und fantasievollen Sounds arbeitet, dabei aber zu jeder Sekunde deutlich erkennbar er selbst bleibt. Ungewohnt offenherzig und schlüpfrig lebt Claus homoerotische Phantasien aus ("Invade My Body", "Strobe Lights"), ansonsten thematisiert er auf dem Album sowohl persönliche als aus gesellschaftliche mentale Sklaverei, die ebenfalls gekonnt im Albumcover umgesetzt wurde.
FAZIT: Wieder mal eine zweispältige Angelegenheit aus dem Hause LEÆTHER STRIP. Ein hohes Maß an EBM-Qualität trifft auf eine mitunter nervig hohe Quantität. So muss man sich in mühevoller Arbeit die Rosinen aus dem Electrokuchen picken und es ist unwahrscheinlich, dass Claus das in Zukunft selbst übernehmen wird.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.07.2010
Claus Larsen
Claus Larsen
Alfa Matrix
148:34
11.06.2010