LISBEE STAINTON hat sich ihre vornehmlich auf der Achtsaitigen ersonnenen Songs von erfahrenen Musikern arrangieren lassen, ohne dass ein middle-of-the-road-Album dabei herausgekommen wäre. Die junge Frau tanzt leichtfüßig, bisweilen melancholisch zwischen viel Pop und wenig Folk, falls beides nicht ohnehin identisch ist.
Musik für ein Massenpublikum, das in einer perfekten Welt nicht kritiklos Tonkonserven goutiert, die immer häufiger künstlich in den Medienlabors hergestellt statt aus langsam organisch Gewachsenem und behutsam Geerntetem zubereitet werden: "Girl on an Unmade Bed" klingt nicht deshalb nach Mainstream-Produktion, weil der Inhalt glattgebügelt wurde, sondern den ruhigen Liedern der Künstlerin entspricht. Textlich hält STAINTON sich mit Alltäglichem wie Persönlichem auf und den Hörer bei der Stange. Strippenzieher Rupert Christie hat bereits bei COLDPLAY, weniger bei den Gutmenschen U2 bewiesen, dass er das vermeintlich Triviale dergestalt inszenieren kann, dass es wichtig und dennoch nicht krampfhaft aufgeblasen klingt. So döst man beim Wiegenlied "Underground" nicht ein, erfreut sich der sacht agierenden Rhythmusgruppe in "Simply" sowie der effektiv eingesetzten Streichersektion an allen Ecken und Enden (nur nicht Kanten; wenn vorhanden, sind diese schön rund, aber man sieht noch den Schmirgelansatz). Jedenfalls spiegeln diese Songs nichts wieder, was sie auch nicht tatsächlich vermitteln.
"Harriet" lebt unverhoffterweise auf und besitzt mit Banjo und dem typischen Akzent der Britin etwas von der coolen KATE NASH, gleichwohl ohne deren Zynismus. Vieles auf "Girl on an Unmade Bed" mag folglich zu brav erscheinen (der Bar-Jazz von "Rainbow" etwa oder das Geklatsche und Schnippen während "Just Like Me"), tappt aber auch nicht in die Emanzen-Falle, denn STAINTON hat es nicht nötig, die Männerfresser-Karte auszuspielen und damit Teenie-Feministinnen sowie deren dadurch eingeschüchterte boyfriends anzusprechen; stattdessen bekundet die Sängerin mit "Wait For Me" den Wunsch, bei irgendwem anzukommen, wenn auch nicht um jeden Preis. Großartig ist zudem die Art und Weise, wie die Instrumentierung den Texten immmer wieder Rechnung trägt (höre in "Practice Room" angesprochene "honkey tonk piano" oder die einstweilige Streicherdramatik als Suspension vor dem Refrain im Abschlusstrack).
FAZIT: Mit "Girl on an Unmade Bed" gelingt LISBEE STAINTON eine Scheibe für das KATIE-MELUA-bis Indiefolk-Publikum: Kommerzielles Potenzial sowie natürliche Verschrobenheit gehen einher mit höchst professionell und damit allgemeinverträglich ins Schlaglicht gestellten Kompositionen, die unter der casual-listening-kompatiblen Oberfläche beträchtliche Substanz zum intensiven Zuhören besitzen. Damit tanzt die Britin sicherlich länger als nur einen Sommer lang.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.10.2010
Rupert Christie, Jan Bishop
Lisbee Stainton
Lisbee Stainton
Rupert Christie, Jan Bishop
Darren Williams
Chris Fish, Andy Brown, David Juritz, Tom Bowes, Cathy Thompson, Matthew Sharp, Jasmine Scott Neale (strings)
India Media / Rough Trade
42:00
01.10.2010