LIZA23 ist eine Münchener Band, die nicht nur nach Frontfrau Liza benannt ist, sondern auch mit „23“ die interne geschlechterspezifische Zusammensetzung thematisiert. Ähnlich gesellschaftskritisch sind die Jungspunde auch in ihren Texten. „Drum dreh’ dich nicht um, dreh’ dich nicht um mich, sonst dreh’ ich mich um dich, und wir drehen uns im Kreis“ weiß „Es dreht sich!“ zu berichten. Ölpest, Klimawandel, Überflutungen, Tsunamis, Irak und Afghanistan, man könnte stundenlang Schlagworte aufzählen; nichts käme einer kompakten Analyse näher als LIZA23s Statement: alles dreht sich um sich selbst. Ähnliche Kracher finden sich am laufenden Band auf vorliegendem Promo-Album. Das aus der Single „Lüg mich an“ plus fünf Stücken des Debüts besteht. Was dieser Blödsinn soll, mag erklären wer will. Vier Songs fehlen noch zum kompletten Album, das mit 34 Minuten eigentlich ziemlich kurz geraten ist. Wer das Promoteil mit seinen knapp 20 Minuten gehört hat, ahnt allerdings, dass eine halbe Stunde verdammt lang dauern kann.
Es beginnt mit dem Titelstück „Lüg mich an“, dessen Refrain sich nach einem verwässerten „Nur ein Wort“ von WIR SIND HELDEN anhört. Ein schlechtes Omen, hatten WSH doch den Song bereits bei den FLAMING STARS dreist und schlecht geklaut („Stranger On The Fifth Floor“). Die mit klimperigem Gothic-Piano und Reggae-Versatz aufgebohrte LIZA23-Variante rührt auch nicht gerade zu Freudentränen.
Das ist durch die Bank flotter, unbedarfter Girlie Power-Pop (die beiden Kerle spielen keine tragende Rolle) mit scharfer Schlager- und NDW-Schlagseite, der sich in simplen Melodien zu pseudophilosophisch aufgeblasenen Texten manifestiert. „Herz, Schmerz und dies und das“ kann man derart verschwurbelt runtersingen, dass jedem Höraspiranten im zweistelligen Altersbereich angst und bange wird. Und ob achtjährige Mädchen mit kryptischen Phrasen wie „Weil sonst rett' ich die Welt, und das kannst du nicht wolln; Weil sonst werd' ich erwachsen, da hast du nie dran gedacht!“ was anfangen können, müssen sie selbst entscheiden. So reihen LIZA23 Zeile an Zeile aneinander, ohne dass irgend etwas einen Sinn ergibt. Warum soll Liza die Welt nicht retten? Warum hat niemand daran gedacht, dass sie erwachsen werden könnte? Warum ...
Zum Ausklang gibt es mit „Gefährlich“ immerhin eine Ballade. Das beste Stück des Albums. Endlich haben sich endgültig Grenzen aufgelöst, kein beliebiger Popplunder mit kleinen Gothic-, Punk- und bekifften Mangaanleihen mehr, sondern wonnigliches Wälzen knietief im Kitsch.
Hier manifestiert sich, was LIZA23 auf der Homepage über sich selbst zum besten gibt: „Wenn man Liza zuhört, wie sie einzelne Worte innerhalb ihres magischen Gefühlssprachzentrums in ihrem hübschen Kopf zu Bildern formt, die dann in Form eines Tones ihren Mund verlassen, dann öffnet sich eine gesamte Welt aus Farben, Formen, Emotionen und Erinnerungen.“ Ungelogen. Kinder, lasst die Finger von was auch immer ihr einschmeißt!
Gibt es positives zu berichten? Kleine Mädchen können zur Musik während einer Pyjamaparty schön im Bett rumhüpfen, größere Jungs können sich Poster der schnuckeligen Liza (oder je nach Geschmack ihrer KollegInnen) aufhängen. Aber die Hände bleiben über der Decke.
FAZIT: Mein 14jähriger Sohn linst durch den Türspalt: „Warum hörst du diese CD?“
„Wegen einer Besprechung.“
„Ah ja“. Pause. “Gefällt dir das?” Eine abfällige Kopfbewegung Richtung Anlage.
„Nöö, ist nicht so dolle.“
„Gut“. Aufatmen und beruhigtes von dannen ziehen. Das Bandphoto (mit nicht aktuellem Drummer) habe ich ihm nicht gezeigt. Aber das hätte ihm die Musik mit all ihren Holterdipolter-Gitarren und quietschenden Keyboards auch nicht näher gebracht.
Das LIZA23 2009 den Bayerischen Musiklöwen als Newcomer des Jahres einsacken konnten, lässt zumindest zwei Schlüsse zu: Erstens – wie hörte sich wohl die Konkurrenz an? Armes Bayern. Zweitens – sie könnten tatsächlich Erfolg damit haben. Und da muss man ehrlich sein: x-beliebige Castingshow-Gewinner steckt LIZA23 locker in die Tasche. Vom Aussehen her sowieso.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.08.2010
Nicky
Liza
Julian
Cleo
Chris
4ohm music Warner/Chappell
19:47
30.07.2010