<span style="font-style: italic;">Diese Rezension ist Teil unseres China-Specials. In den nächsten Monaten werden wir Euch haufenweise Bands aus dem fernen Osten präsentieren, die bei uns in Deutschland noch niemand kennt. Am Ende erwartet euch ein großes Feature über die chinesische Rock- und Metal-Szene, das wir mit dem einen oder anderen Interview ergänzen werden.</span>
NARAKAM gehören zu den Urvätern des chinesischen Doom Death Metals. Seit 1993, damals noch unter dem Namen HADES (griechische Bezeichnung für die Unterwelt und deren Gott), ist die Band aktiv. Veröffentlicht wurden ihre Songs lange Zeit vorwiegend über chinesische Rock-Sampler, bevor im Jahr 2002 das selbstbetitelte Debüt erschien.
Mit dem Namenswechsel ging vor drei Jahren dann ein Quantensprung einher: das Bandgefüge wurde eingedeutscht. Mit dem Drummer Bastian bekam man deutschen Zuwachs an den Instrumenten (der sich inzwischen allerdings schon wieder verabschiedet hat); außerdem wurde das vorliegende zweite Album in Deutschland abgemischt und gemastered.
Die Frage, die man sich wohl grundsätzlich stellt, wenn man unverhofft mit chinesischem Metal konfrontiert wird (man vergleiche die China-Rezensionen meiner Kollegen), in einem Fall wie diesem aber ganz besonders: Wie viel Chinesisch steckt eigentlich noch in einer Band wie NARAKAM?
In den Songkonstrukten wird man per se zunächst nicht fündig. NARAKAM spielen doomig untermalten Death Metal mit Grunts, Doublebass, Blastbeats und allem, was dazu gehört. Mal treibend und schnell, mal groovend, hier und da ist sogar mal Platz für ein Gitarrensolo. Absolute Routine strahlt das Material aus, das sich sauber die Rhythmik verschiedener Genres aneignet und sie in das Doom-Death-Gewand kleidet, ohne groß Aufhebens darum zu machen.
Wenn Songs mal herausstechen, dann sind es solche wie "Diamond & Rust" oder das Titelstück "Burning at Moment", und das hat seinen Grund: die Refrains machen den Unterschied aus. Wenn man möchte, kann man in ihnen durchaus etwas Exotisches finden. Ein bis zwei Stimmbänder liefern sich da jeweils Duelle im Eins-Zwei-Eins-Zwei-Takt. Sie sind übereinander gelegt, in den Hintergrund gemischt und mit Widerhall versehen und werden von einem Gitarrenriff begleitet, das beinahe auf Tanzbarkeit ausgelegt ist. Der Ausdruck der Stimmen klingt nach dem Gebell zweier Hunde, die sich gegenseitig ablösen. Im Gesamten strahlt das etwas Geisterhaftes und zugleich Komisches aus; eine Kombination, die in ihrer Unvereinbarkeit für das Rätselhafte des asiatischen Kontinents steht.
FAZIT: In der Anlage ebenso routinierter wie unaufregender Doom Death Metal, der immerhin in den kuriosen Refrains so etwas wie eine eigene Note versprüht. Es sei dahingestellt, ob die kauzige Geisterhaftigkeit dieser Refrains immer noch so ungreifbar und exotisch erschiene, wenn die Produktion griffiger ausgefallen wäre. Es steht also die Frage im Raum, ob die individuelle Qualität von "Burning at Moment" dem kreativen Geist der Band zu verdanken ist oder doch nur den Produktionsumständen. Umgekehrt ist zu fragen, ob und inwiefern der Kontakt mit dem deutschen Markt NARAKAM ihrer nationalen Autarkie beraubt hat. Internationaler Austausch ist zwar etwas Schönes und auch Sinn und Zweck dieses Musikreviews-Specials, doch ist es nicht manchmal ebenso schön, unberührte Gebiete zu erkunden? Für diesen Zweck würde sich das 2002er-Debüt, das seinerzeit noch unter dem Namen HADES firmierte, möglicherweise noch besser eignen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.06.2010
Gou Jian
Tian Kui (Lead), Chen Xi, Gou Jian (Backing)
Chen Xi
Chen Xiao'ou
Mort Productions
41:35
01.05.2008