Die Kombination aus Black Metal und Elementen aus skandinavischer Folklore gehört zu den ansprechendsten Klanggebilden überhaupt und hat mit metseliger Schunkelmusik normaler- und glücklicherweise nichts zu tun. Mit NÀTTSÒL aus Norwegen tritt nun eine 2006 gegründete Band in die Fußstapfen von Altmeistern wie Ulver und Kampfar und veröffentlicht mit "Stemning" ihr überaus ansprechendes Debütalbum.
Der Black Metal, den NÀTTSÒL darauf spielen, ist zwar klar traditioneller, nordischer Herkunft, in besinnungslose Raserei verfällt die sechsköpfige Band (bei der alle Mitglieder schon Erfahrungen in anderen Bands gesammelt haben) aber so gut wie nie. Blastbeats kommen nur gelegentlich zum Vorschein, viel häufiger bewegt man sich im episch-hymnischen Midtempo und in treibendem Uptempo. Immer wieder lockern Akustikparts auf, um danach wie im Opener "Ved Aas I Haustmoerket" das Tempo zu erhöhen. Mit vielen schlüssigen Tempowechseln gelingt es der Band jedenfalls immer wieder, die Songs spannend zu halten. Auffällig ist darüberhinaus, dass die Gitarren trotz der folkigen Melodieläufe leichte Dissonanzen erklingen lassen, die gelegentlich gar in psychedelisch anmutende 70er-Jahre Gefilde ausufern oder wie in "Ved Fjell I Vinterblaest" sogar unerwartet fröhlich wirken.
Als absolut gelungen sind auch die Klargesangs-Passagen zu bezeichnen, die ruhig noch öfter so packend wie in "Ved Baal I Kveldstime" und "Ved Elv I Eismal Stund" eingearbeitet werden könnten. Als Überraschung entpuppt sich außerdem der letzte Song, der rein akustisch und mit Flöte und Frauengesang einen sanften Ausklang bietet. In der Gesamtbetrachtung ist allerdings negativ zu vermerken, dass die Melodien ruhig noch zwingender und weniger diskret agieren könnten und dass es NÀTTSÒL noch nicht gelingt, Songs zu schreiben, die in Gänze mitreißen.
FAZIT: Mit einem überaus ansprechenden Klangbild und sehr vielen Lichtblicken in den Folkelementen machen die Norweger Lust auf mehr. Das Songwriting kann noch nicht ganz mit den vorhanden spielerischen Fertigkeiten mithalten und auch die Arrangements sollten in Zukunft noch besser auf den Punkt gebracht werden, zudem darf der Anteil an folkigen Parts, insbesondere bei den Chören, noch stärker ausgebaut werden. Die Band sollte man jedoch unbedingt im Auge behalten.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.06.2010
Erlend Antonsen
Venomenon, Gustav Jørgen Pedersen (Klargesang), Anette Gulbrandsen
Nattsjel, Erlend Antonsen (Akustik)
Uruz
Lupus Lounge
37:16
11.06.2010