Wenn nicht jetzt, wann dann? Der Titel des Songs zur Handball-WM 2008 passt wie die Faust aufs Auge von ORDEN OGAN. Denn deren neues Album "Easton Hope" sollte eigentlich der endgültige Durchbruch für die sauerländischen Melodic Power Metaller bedeuten. Das dritte Album der Arnsberger ist das erste für das renommierte Label AFM Records und mit ein bisschen Promotionsaufwand dürfte dem Erfolg nichts mehr im Wege stehen.
Natürlich muss dafür in erster Linie die Musik stimmen und das ist auf "Easton Hope" definitiv der Fall. Bombastischer Melodic Metal à la BLIND GUARDIAN zu "Nightfall In Middle-Earth"-Zeiten ist das Steckenpferd von ORDEN OGAN und die große Stärke der Band liegt in teilweise grandiosen Refrains - einer Disziplin also, in der das stilistische Vorbild auf den letzten beiden Alben schwächelte. In modernem Soundgewand treffen recht tief gestimmte, fett bratende Gitarren auf NIGHTWISH-Bombast und zeitgemäße Synthie-Sounds. Traditionalisten werden bei dem einen oder andern Part da zwar die Nase rümpfen und zugebenermaßen erscheint nicht jeder eingesetzte Effekt zwingend notwendig, der Gesamtsound überzeugt aber auf ganzer Linie. Sänger Seeb ist zwar kein Goldkehlchen wie es im Buche steht, das war Hansi Kürsch aber auch nie, dem Erfolg tat das bekanntermaßen keinen Abbruch, zumal besonders die ausgefeilten und turmhohen Chor-Arrangements den Reiz ausmachen, sowohl bei den blinden Wächtern, als auch bei ORDEN OGAN.
Und so geht es nach dem Bombastintro mit "Nobody Leaves" gleich in die Vollen: eine speedige Hymne mit einem fantastischen Refrain - so stellt man sich die perfekte Albumeröffnung vor. Und es geht auf hohem Niveau weiter. "Goodbye" baut auf einer wunderschönen Keyboard-Melodie und einem IN FLAMES-Lead auf und glänzt wieder mit seinem Refrain, während der Titeltrack zunächst rifflastiger startet, im Kehrvers aber erneut beeindruckt. Und man mag es kaum glauben, aber "Welcome Liberty" setzt nochmal einen drauf, denn der eher simpel gestrickte Song ist ein Ohrwurm, den keiner so schnell wieder los wird. Mit Flötentönen und Kinderchor ist "All These Dark Years" etwas seichter geraten und auch das wieder flottere "Nothing Remains" ist nicht mehr ganz so zwingend. Dafür trumpft dann die schön dramatische Ballade "Requiem" mit ihren Chören auf, bevor der nächste große Hit ertönt. "We Are Pirates" ist die wohl beste Verbeugung vor RUNNING WILD, die man seit langem gehört. Einen Song diesen Kalibers hat Rolf "Rock'n'Rolf" Kasparek seit seligen "Black Hand Inn"-Zeiten nicht mehr geschrieben. Der Refrain dürfte auch HAMMERFALL-Fans in Verzückung versetzen, lediglich der klamaukige Schifferklavier-Part ist etwas zuviel des Guten. "The Black Heart" ist eine gute, aber nicht herausragende Nummer, während der Rausschmeißer als vertracktester und dunkelster Song des Albums eine weitere Facette des ORDEN OGAN'schen Sounds aufzeigt.
Abgerundet wird Album, dass mindestens ein loses lyrisches Konzept hat, durch ein Andreas Marschall-Cover, auch hier finden sich also Parallelen zu BLIND GUARDIAN, wobei man auch ganz klar sagen muss, dass ORDEN OGAN zwar in deren Fußstapfen wandeln, dabei aber genug eigene Duftmarken setzen, um nicht als Plagiat wahrgenommen zu werden.
FAZIT: Willkommen in der ersten Liga. Mit "Easton Hope" ist ORDEN OGAN ein Knaller gelungen, der die Messlatte für die sich in Arbeit befindlichen Werke von AVANTASIA und eben BLIND GUARDIAN recht hoch legt. Besonders die erste Hälfte des Albums besteht eigentlich nur aus Hits und Schwachstellen sind lediglich marginal auszumachen. Für Fans von melodischem Edelstahl aus deutschen Landen ein absolutes Muss.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.01.2010
Lars Schneider
Sebastian "Seeb" Levermann
Tobias "Tobi" Kersting, Sebastian "Seeb" Levermann
Nils Weise
Sebastian "Ghnu" Grütling
AFM Records
64:54
22.01.2010