Als moderne Tiefflieger geben PAST M.D. sich in "The Journey" aus: pumpendes Midtempo, speziell im Chorus, und futuristische Keyboardsounds passen zum wissenschaftlichen Konzept ihres Albums. Die Bridge bestreiten sie teils unverzerrt sowie mit gefühlvollen Leads, also weiteren programmatischen Progmetal-Wahrzeichen. Die ehemaligen MIDNIGHT-DARKNESS-Musiker präsentieren - das vorab - eine eine gute Themenscheibe, indem sie sich nicht an gewoll Verkopftem verheben, wuchten ihre Band voraussichtlich jedoch auch nicht in höhere Erfolgssphären.
Auf die Gesangsarrangements und deren Platzierung im Mix achtete man wohl besonders, wo andere nur mit Virtuosität kleckern. Auffällig ist das überwiegend gedrosselte Musiziertempo, welches gleichermaßen der Superlativ-Metalliga widerspricht und dafür im besten Sinne an US-Powertruppen erinnert, die mit einem Beine im Prog stehen beziehungsweise standen, nimmt man die Blütejahre jener Hybriden mit late-FATES-WARNING-Kante - die frühen Neunziger - zum Maßstab.
Von "Contagious" an, das sehr schnell im Gedächtnis haften bleibt, über das atmosphärische "The Devil" hinweg schleicht sich zudem eine stimmige Deutschmetall-Note ein, der im Falle von PAST M.D. keineswegs der Ruch des Amateurhaften und unbeholfen Ruppigen anhängt. Mit dem dynamischen Highlight "The Delivery" nähren sie den Wahrheitsgehalt dieser Einschätzung weiter, wenn sich danach auch die obligatorische Feuerzeugballade anschließt. Nach dieser schalten die Musiker in den Doublebassmodus; zu "Hazardous Fright" lässt sich auch außerhalb der Konzeptstory gut abhotten. Ohnehin besteht die Geschlossenheit der Scheibe vor allem in lyrischer und stimmungsbezogener Hinsicht, zumal diverse Samples den Hörer ins Kino versetzen sollen; ansonsten steht die Musik jedoch kompakt für sich - kein Kunstrock oder irgendwelche Verschachtelungen zu unverdaulichen Mammuttracks. "Anybody There?" verbleibt instrumental und lässt die Gitarre auf geschmackssichere Weise sprechen: mehr Feeling als Frickeln.
Als Epos, relativ gesehen, macht sich "40 Days" mit sehr guten Gesangshooks aus. Der Achtminüter sowie das sich nach Zwischenspiel anschließende und sogar noch einen Tick längere Abschlussstück bestechen zudem durch eine gewisse Dramatik, die trotz der ausgedehnteren Spielzeit schlüssig umgesetzt wurde. Hier waren Könner am Werk, die trotz ihrer Erfahrung noch nicht den großen Wurf gelandet haben und es auch mit "Circles" nicht über den Untergrund hinaus tun werden, weil sie keine Effekthascherei betreiben beziehungsweise keine Reißer komponieren, wobei dieser Ausdruck gerne im Guten wie Schlechten aufzufassen ist. Unauffällige Qualitätsmucke ist heute nur dann gefragt, wenn die notwendigen Medienhebel zuvor in Bewegung gesetzt wurden; mit dickem Labeldeal könnten PAST M.D. viel mehr aus sich machen, aber so ist nun einmal das (Geschäfts-)Leben ...
FAZIT: Mit ihrem aktuellen Konzeptalbum - auch layouttechnisch liebevoll umgesetzt und mit bemüht guten Lyrics versehen - ist PAST M.D. ein außerordentliches Stück Power Metal mit leicht proggiger Schlagseite gelungen, das angenehm nachhaltig wirkt, wo man sich an anderen Vertretern des Genres erst gar nicht satthören kann, weil deren Kost von vornherein zu mager daherkommt - zwar kein neues "Operation Mindcrime", aber gutes Futter für Fans mit einer Orientierung hin zu allem zwischen METAL CHURCH und den gleichwohl feingeistigeren VANDEN PLAS ... working class progressive vielleicht? Wer kürzlich IVORY NIGHT verhaftet hat, darf auch hier die Handschellen zücken.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.12.2010
Frank Schneider
Jörg Reuter
Detlef Poschmann
Andre Zimmermann
Stefan Huth (Chapman Stick)
Tune Up / Bellaphon
56:52
26.11.2010