Das instrumentale Intro schreit nach den üblichen Progmetal-Verdächtigen, was sich jedoch nicht gänzlich bestätigt, sobald Marc Mes seine Stimme erhebt. Zwar hebt der Fronter sich angenehm kernig von den dünkelhaften und emotionslosen LaBrie-Wiedergängern ab; musikalisch stehen PENNY'S TWISTED FLAVOUR aber mit einem Bein im Progressive Rock, wie man ihn von der Post-MARILLION-Generation und vor allem aus England kennt. Davon zeugt auch ein Gastauftritt des KAYAK-Keyboarders.
Sänger Mes verhindert eine allzu asepitsche Unterkühltheit, zumal der nur leicht dumpfe Sound von "Sketches" auch nicht steril geraten ist. Heuwelman speist das Keyboard natürlich mit klanglichen Anachronsimen ab ungefähr 1980, doch dies passt trefflich zu den stets auf Eingängigkeit getrimmten Songs. Sowieso: Holland blickt auf eine beeindruckende Tradition zurück, was gute Progbands betrifft, und dazu muss man nicht einmal Insiderstoff wie EGDON HEATH oder die virtuosen ARABESQUE anführen. PENNY'S TWISTED FLAVOUR fokussieren hingegen das Wesentliche und überlassen wirkliches Fortschrittsdenken anderen, weshalb sie auch nicht auf die Fresse fallen. Andererseits - so könnte man meinen - dürften ihre Tracks nicht sonderlich spannend sein, was nicht weit gefehlt, aber dennoch unzutreffend ist. Starke Refrains wie "Falling" stehen einer überdurchschnittlichen Detailverliebtheit gegenüber, die nichts mit rhythmischem Malen nach Zahlen oder atonaler Pseudo-Jazzigkeit zu schaffen hat sowie gleichzeitig der Vorhersehbarkeit entgegenwirkt. "Forgotten Words" und "What We Become" sind kleine, herzliche Ballädchen. Ersteres bekommt in Gestalt seines Folgestücks einen teilweise forschen und mit allen Genrewässern gewaschenen Zehnminüter zur Seite gestellt. Das kompakte "Wasting Time" erinnert sogar an die Zak-Stevens-Ära von SAVATAGE, "Dying Dream" in seiner Zuversicht spendenden Melodiösität an die sonnigen Momente der frühen DREAM THEATER.
Sicher: diese Zeilen degradieren "Sketches" zum Zitatenschatz, doch PENNY'S TWISTED FLAVOUR artikulieren das bereits Ausgesprochene sehr sorgfältig und versehen es zwar nicht mit einem eigenen Drall, spielen dafür aber vollkommen integer auf: die Niederländer stehen hinter diesem Sound und haben ihn ausgiebig studiert; herausgekommen ist ein wunderbar songorientiertes Album, bei dem das, was einst als progressiv galt, nunmehr gefällig vertraut klingt, jedoch keinesfalls schlechter - im Gegenteil: wer hat etwas dagegen sich in Stücken heimisch zu fühlen, die so ganz ohne fiese Ironie oder kraftmeierischen Instrumentalsport auskommen und dennoch plätscherfrei ein hohe Qualität an den Tag legen?
FAZIT: Zwischen "Images and Words" und Arenas Frühwerken ist noch Platz im Regal, nicht wahr? PENNY'S TWISTED FLAVOUR füllen ihn mit Rock und Metal zu gleichen Teilen: "Sketches" ist ein schmucker Anachronismus, bei dem Songwriting, Lyrics und nicht zuletzt die Inszenierung (Produktion, Aufmachung) stimmen, ohne nach Zielgruppenschielen zu riechen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.05.2010
Matthijs Kjeboom
Marc Mes
Mark Bogert
Wendy Heuwelmans
Harmen Kieboom
Just For Kicks
59:26
07.05.2010