„Strings To A Web“ ist bereits das 17. Studioalbum unter dem RAGE-Banner in mittlerweile 25 Jahren. Nachdem die Formkurve beim vorletzten Studioalbum „Speak Of The Dead“ und dem anschließenden Ausstieg von Drummer Mike Terrana deutlich nach unten zeigte, ging es mit dem nachfolgenden „Carved In Stone“ schon wieder bergauf, ohne das Niveau der Highlights der Smolski-Phase wieder ganz zu erreichen.
Man konnte also gespannt sein, ob sich der positive Trend mit dem Jubiläums-Album weiter fortsetzen würde.
Das Album startet leider recht durchschnittlich. Zwar punktet der Opener „The Edge Of Darkness“ mit einem harten und sehr druckvolle Grundriff, dafür kann der etwas cheesig Refrain nicht so recht überzeugen.
Direkt danach folgt mit „Hunter & Prey“ aber gleich der erste Album-Höhepunkt. Ein wiederum erfreulich knackiges Riff mündet diesmal in einen klassischen RAGE-Refrain, der sich sofort im Ohr festsetzt.
Auch das nachfolgende „Into The Light“ verwöhnt den RAGE-Fan mit tollen, ausgefeilten Melodiebögen und ist in den Ohren des Verfassers gleichzeitig der stärkste Song auf „Strings To A Web“.
Spätestens bei „The Beggar´s Last Dime“ kommt langsam Freude auf, da auch dieser Song ein echter Knaller ist. Der Song beginnt mit einem simplen, traditionellen aber sehr effizienten Metal-Riff und der hymnenhafte Refrain lässt wirklich keine Wünsche offen.
Die folgenden 5 Stücke bilden zusammen den etwa 16-minütigen Kern von „A String To A Web“. Den Anfang macht „Empty Hollow“, das dem Hörer durch ein bombastisches Orchester-Intro zunächst mal eine kurze Verschnaufpause gönnt, bevor es zu einem Duell zwischen Orchester und Gitarre in bewährter „XIII“-Manier kommt und sich der Song zu einem dramatischen Klassik-meets-Metal-Hit entwickelt, der dann nahtlos in das Titelstück übergeht. Das entpuppt sich als progressives, höchst abwechslungsreiches Instrumental, bei dem vor allem Gitarren-Meister Smolski zeigt, was er kann. Neben typischem Solo-Gefrickel verfügt das Stück über einige sehr gelungene Melodien und einen interessanten Aufbau. Das kann man vom nächsten, kurzen Instrumental „Fatal Grace“ nicht eben behaupten, da es hier arg klebrig-schwülstig-kitschig zur Sache geht.
„Connected“ ist dann ein sehr untypischer RAGE-Song, den man als durchaus Radio-kompatible Rock-Ballade beschreiben könnte, die von Peavy sehr gefühlvoll intoniert wird. „Empty Hollow Reprise“ greift das Grundthema von „Empty Hollow“ schließlich wieder auf und beendet diesen zusammenhängenden Teil des Albums. Insgesamt eine runde Sache, auch wenn die Klassik-Crossover-Hits von „XIII“ oder „Ghosts“ letztlich unerreicht bleiben.
Das groovige „Saviour Of The Dead“ überzeugt im Anschluss an diesen Mammut-Song erneut durch einen tollen Refrain, während Smolski mit einem coolen Solo im Stil von RAGE AGAINST THE MACHINE überrascht
Im Intro von „Hellgirl“ ahmt die Gitarre zunächst das Geschrei eines Babys nach, was sich ganz lustig anhört. Der Song als solches ist dann sehr gewöhnungsbedürftig. Nach einer unspektakulären Strophe und einem wenig mitreißenden Riff folgt ein Gute-Laune-Refrain, von dem ich einige Durchläufe lang nicht wusste, ob ich das gut oder nervig finden sollte. Mittlerweile mag ich das Stück.
Die Strophe von „Purified“ klingt im Gegensatz dazu sehr nach frühen RAGE und hätte auch auf „Secrets In A Weird World“ stehen können. Sehr guter, wenn auch kein Über-Song.
„Through Ages“ ist schließlich eine reine Metal-Ballade, die recht gewöhnlich klingt, aber auch nicht weh tut und zum Glück schnell vorüber ist.
Das abschließende „Tomorrow Never Comes“ zählt dann ebenfalls nicht eben zu den Höhepunkten des Albums und fällt, trotz einiger ganz hübscher DREAM THEATER-Zitate, eher in die Kategorie RAGE-Standard.
„Neuzugang“ Andre Hilgers fügt sich übrigens mittlerweile perfekt in den Bandsound ein und verleiht vor allem den erfreulich zahlreichen harten Riffs noch mehr Durchschlagskraft.
Über die technischen und musikalischen Fähigkeiten von Viktor Smolski braucht man wohl nicht mehr viele Worte verlieren.
Bleibt noch zu erwähnen, dass die Texte sich wie immer wohltuend von den Belanglosigkeiten einiger Kollegen abheben und dass das Cover diesmal…Geschmackssache ist.
FAZIT: Pünktlich zum 25. Geburtstag zeigt die Formkurve von Deutschlands produktivster Metal-Band wieder eindeutig nach oben. Insbesondere in der ersten Hälfte finden sich einige echte Gassenhauer und auch der Longtrack weiß mit der typischen RAGE/Klassik-Mischung zu überzeugen. Leider geht „String To A Web“ gegen Ende etwas die Puste aus und kann qualitativ leider nicht über die gesamte Laufzeit überzeugen.
Trotzdem ein insgesamt sehr gutes RAGE-Album, das ich in der oberen Hälfte der Diskographie einordnen würde und das sicher keinen Fan enttäuschen wird.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.02.2010
Peavy Wagner
Peavy Wagner
Viktor Smolski
Andre Hilgers
Nuclear Blast
55:00
05.02.2010