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Relocator: Relocator

Stil: Prog-Jazz Metal

Cover: Relocator: Relocator

Eigentlich sollte „Tastenmagier“ DEREK SHERINIAN lediglich als illustrer Gast nur einige Synthesizer-Soli zum Debüt der deutschen Band RELOCATOR beitragen; doch gefiel ihm die Musik so gut, dass er gleich die kompletten Keyboardparts übernahm. Verwundern tut dies nicht, sind die Songs RELOCATORs gar nicht weit von PLANET X und den eigenen Solo-Exkursionen entfernt.
Der Kenner weiß also, was ihn erwartet: reger Jazzrock, gepaart mit einer deftigen Portion Metal; Fingerflitzereien, die glücklicherweise nicht zum reinen Selbstzweck mutieren. Die experimentierfreudige Radikalität der bekannten Grenzgänger zwischen Jazz und Rock zu Beginn der 70er des vergangenen Jahrhunderts geht RELOCATOR zwar ab, aber das ist nach vierzig wilden Jahren Musikgeschichte kaum verwunderlich und wird von der Band durch Spielfreude wieder wett gemacht. Gepaart mit reizvollen und komplexen, aber nicht hochkomplizerten Melodien wird so SHERINIANS letztjähriges Solowerk „Molecular Heinosity“ charmant überholt. Was auch daran liegt, dass RELOCATOR (vorliegend leider nur teilweise) etwas besitzen, das der Rezensent auf „Molecular Heinosity“ vermisste: einen Violinisten.
Bartek Strycharski stieß leider erst recht spät zur Aufnahme des Albums und brilliert deshalb nur auf drei Stücken mit seinem Spiel. Seine Beteiligung verleiht dem namenlose Debüt einen höchst angenehmen Flair zwischen FRANK ZAPPA plus JEAN LUC PONTY und den altehrwürdigen Recken von KANSAS (mehr Ragsdale als Steinhardt).
Ein weiterer Pluspunkt: RELOCATOR überzeugen auch da, wo das Tempo raus genommen wird. Seien es die schwebenden Passagen im gut elfminütigen Schlusstrack „The Alchemist“, der alle Vorzüge des voran gegangenen noch einmal konzentriert auf einen Punkt bringt; oder die entspannten Momente in „Aavishkar“ und „13 Reasons“ - Relaxen ohne Langeweile.
Abstriche gibt es für den Sound, der leider etwas zu verwaschen daher kommt. Für eine Eigenproduktion zwar immer noch äußerst ordentlich, hätte der Musik ein wenig mehr klangtechnischer Feinschliff sehr gut getan.

FAZIT: Melodischer Hardrock und elektrifizierter Jazz, das Schlichte und das Komplizierte geht auf RELOCATORs Erstling eine gelungene Verbindung ein. Eine wechselvolle Bandgeschichte, Nürnberger Hobbymusiker mit Ambitionen, die kurz vor dem Aufgeben doch ein Album in Angriff nehmen, namhafte Unterstützung bekommen, davon profitieren und spüren lassen, dass sie auch alleine klar kommen (wenn es auch Live eine Herausforderung sein dürfte Sherinian zu ersetzen) – all das macht RELOCATOR aus. Nicht besonders populär dazu, ein reines Instrumentalalbum aufzunehmen, allein der Mut dazu lässt Anerkennung zu. Dass die Musik völlig unpeinlich ihre Bahnen zwischen SAGA, KANSAS, ZAPPA, UK, diversen FusionistInnen und den vielfältigen Betätigungsfeldern des beteiligten DEREK SHERINIAN zieht, ohne vor Respekt zu erstarren, nötigt eben diesen ab.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.02.2010

Tracklist

  1. Red Vibes
  2. Biosphere
  3. Relocator
  4. Proxima
  5. Aavishkar
  6. 13 Reasons
  7. Urban Blue
  8. The Alchemist

Besetzung

  • Bass

    Michael Pruchnicki

  • Gitarre

    Stefan Artwin

  • Keys

    Derek Sherinian

  • Schlagzeug

    Frank Tinge

  • Sonstiges

    Stefan Artwin (programming), Bartek Strycharski (violin)

Sonstiges

  • Label

    Eigenproduktion

  • Spieldauer

    61:05

  • Erscheinungsdatum

    25.01.2010

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