Flutsch, fla-ping, glitsch, kuller, kaploink, blaflitsch, padoink! So in etwa klingt der Versuch, die wirre Stilkreation des Dreiergespanns aus Jersey stilistisch zu greifen. „Automata“ ist nämlich eine Scheibe, bei der alles passieren darf – und bei der Wörter wie „Limitierung“, „Grenze“, „Rahmen“ und „Gesetz“ übelste Beleidigungen darstellen.
Mainman Chris Pennie wird Mathcore-Fans als ehemaliger THE DILLINGER ESCAPE PLAN-Drummer bekannt sein, ebenso drischt der junge Mann neuerdings bei COHEED & CAMBRIA in die Felle. Vergangenheit und Gegenwart schimmern auf diesem Album natürlich durch, aber man hört ebenfalls sehr deutlich, dass Pennie beim Songwriting gleichermaßen von MIKE PATTON, RADIOHEAD, NINE INCH NAILS, THE MARS VOLTA, aber auch vom Metal der Eighties beeinflusst wurde. Selbst avantgardistische Kost wie die späterer ULVER, experimenteller BORKNAGAR, Bombast-Pop á la QUEEN, Punkrock-Melodik, DEVIN TOWNSEND-Anfälle, Seattle-Alternative-Rock der Neunziger, Hard Rock-Singalongs, neometallische Eruptionen, Experimentalelektronik en masse, Hardcore-Aggression, Extremmetal, Britpop-Coolness, spätbowieesker Anspruch und Klassikanwandlungen finden sich auf dieser zweiten Scheibe wieder.
Ja ja, der Chris mit seinen Aufzählungen – aber was soll man bei solch einem gigantischen Wust an verschiedenen Inspirationsquellen denn sonst tun, um dem Leser wenigstens halbwegs vermitteln zu können, womit er es auf „Automata“ zu tun haben wird? Fakt ist jedenfalls, dass Pennie mit seinen Mitstreitern Ron Scalzo (einigen sicherlich auch als Q*Ball bekannt) und Brett Aveni einen trotz all dieses Durcheinanders absolut stimmigen Longplayer erschaffen hat, der zeigt, wie verdammt nah man Avantgarde und Catchiness aufeinander zuführen kann. Scalzo ist dann auch der Mann, der „Automata“ mit einer imposanten stimmlichen Vielfalt gesangsveredelt – gerade die starken Refrains sorgen für Staunen. Nicht vergessen zu erwähnen sollte man, dass sich die drei für diese knapp 50 chaotischen Minuten Bumblefoot (GUNS N' ROSES) ans Mischpult geholt hat. Dieser Teufelskerl hat dem Longplayer einen richtig edlen Sound verpasst, der glasklar ist, schön kross brät und Druck auf der Tube hat – ohne die Dynamik außen vor zu lassen.
FAZIT: Musik von Freigeistern für Freigeister – zeitlos, mit originellen und neuen Ideen gespickt, vor allem aber auf einem enorm hohen Level, ohne die Bodenhaftung zu verlieren.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.08.2010
Ron Scalzo
Brett Aveni
Chris Pennie
Metal Blade Records
49:27
13.08.2010