Oh, tragische Welt! Kilotonnen nichtssagender Musik finden ihren Weg auf die Tische von Musik-Managern, welche die substanzlose Suppe aus Kopisten-Schmand und anbiederndem Zeitgeist-Sumpf auch noch in die realen und virtuellen CD-Regale von Discountern und Online-Shops wuchten. Die Perlen blinken derweil einsam in der Finsternis der infrastrukturell vom Massenpublikum abgeschotteten Szenen und Untergründe, die anscheinend immer noch fruchtbarer Nährboden sind für Bands, die dich völlig überraschend an Herz und Gurgel packen, durchrütteln und emotional aufgewühlt zu Boden werfen.
RISHLOO sind so ein Phänomen. Ohne Label im Rücken, dafür aber mit literweise grellrotem Herzblut im Körper, widmet sich diese aus Seattle stammende Band einem progressiven Sound, der nicht bloß Melodic Metal in kompliziert ist, nicht nur abstraktes Abnudeln von Skalen oder Klon von all den RIVERSIDES und PORCUPINE TREEs dieser Welt. RISHLOO erfinden das Rad nicht neu, aber die Herangehensweise an ihre Version des Alternative-Progs ist erfrischend und aufwühlend zugleich. Die Gitarren schreien, brüllen und weinen, schneiden mit flirrenden, manchmal schrillen Schnitten in die Seele. Der Sound ist warm, volltönend und natürlich. Die Drums rollen, die Riffs reißen gewalttätig und doch gefühlvoll am Trommelfell. Die dominanten Gitarren sind nicht bloß Muskelspiel, sondern durchdachtes und durchfühltes Emotionsfeuerwerk mit genügend Platz für ruhige Momente und fein ziselierte Passagen mit ganz viel Atmosphäre und herrlichen Piano-Arrangements.
Ach ja, ganz nebenbei: Sänger Andrew gehört zu den allerbesten seines Fachs. Mein Gott, was hat der Mann für einen pathetischen Wumms in der Stimme! Und das Beste dabei ist, dass hier nichts aufgesetzt, gekünstelt, manieriert oder sonst wie zusammengekrampft wirkt. Vom sauberen Klargesang bis zum urgewaltigen, dreckigen Aufschrei deckt Andrew ein Emotionsspektrum ab, das der leidenschaftlichen Gitarreninstrumentierung in nichts nachsteht. Es ist fürwahr eine Seltenheit, wenn Songs wie „Scissorlips“ oder „Diamond Eyes“ dir Schauer der Gänsehaut über den Rücken bis ins Mark treiben. Und es ist eine zu verkraftende Schande, dass RISHLOO ein paar wenige Songs im Repertoire haben, die gegenüber all dem großartigen Material ein wenig abfallen und einfach „nur“ recht gute Songs sind.
FAZIT: Stimmgewaltigen, von modern-progressiven Gitarrengewalten getragenen Progressive Rock mit viel Feingefühl tischen RISHLOO hier auf und veröffentlichen mit „Feathergun“ schon jetzt eines der größten Prog-Highlights 2010.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.03.2010
Sean
Andrew
David
Jesse
Eigenproduktion/Just For Kicks
58:27
05.03.2010