Sedlmeir ist der Monolith unter den Ein-Mann-Bands und er ist schmierig, prätentiös und unseriös. Sedlmeir macht außerdem seltsame Musik, für die man gleich mehrere Schubladen aufziehen muss, um zu beschreiben, was man auf seinem dritten Album "Import Export" zu hören bekommt. It's only Rock'n'Roll - aber ergänzt um Pop, Chanson, Jazz, Beat, Indie, Punk, 70s, Surf und Singer/Songwriter-Kram. Eine bunte Mischung also, die Sedlmeir, der mit Vornamen Henning heißt und der vom Saarland über Köln nach Berlin gekommen ist, hier zu bieten hat.
"...gutbürgerlich ...aber irgendwie auch nicht", so singt er in "Fr. Müller & ich" und irgendwie passt das zu seiner Musik, die beharrlich zwischen Kleinstadtmief und dem Duft der großen weiten Welt pendelt, auch textlich. Amüsante Texte mit Anspruch, Wortwitz, Süffisanz und Sarkasmus hat er zu bieten, aber auch lyrische 08/15-Ergüsse in Englisch, die einem deplatziert und redundant erscheinen - auch wenn er mit "Killing 'em" eine interessante Hommage an PRINCE, KISS und THE WHITE STRIPES erschallen lässt. SEDLMEIR zitiert gekonnt "Zu spät" von der besten Band der Welt in "Schauspielerkunst" (das musikalisch auch von SPORTFREUNDE STILLER sein könnte) und bei der prägnanten Wortfolge "I Want More" muss ich stets an THE SISTERS OF MERCY denken. Und ein Neo-Western-Instrumental wie "Unsubscribe Theme" würde sich auch in einem Tarantino-Streifen gut machen.
Zuvor ereilte den Rezensenten aber die Verwirrung, denn "Schwarze Katze" und "Unten mit dem All" ließen den starken Verdacht aufkommen, es mit neuen Songs von GÖTZ WIDMANN zu tun zu haben, so sehr gleichen Aussprache, Stimme und die Art und Weise zu reimen hier dem Schaffen des genialen Liedermachers aus dem Rheinland. Und auch wer mit der Musik von STOPPOK vertraut ist, findet bei SEDLMEIR gewisse Ähnlichkeiten. Dass der "charmante Freak, der jede Tanzparty sprengt" (Zitat <a href="http://www.laut.de/Sedlmeir">laut.de</a>) auch einen reichlich schrägen Humor hat, zeigen seine Duette: mit FRAU MÜLLER (wer immer die auch sein mag) besingt er den "Hund ohne Beine", "2 Mann sind 1 Team" stellt er gemeinsam mit RUMMELSNUFF fest (der Song selber ist reichlich albern) und im Titeltrack stellt sich SEDLMEIR den Fragen von FRED RAPID, der schon immer mal wissen wollte, wie Herr S. seine Songs schreibt. Die Antworten sind letztendlich herrlicher Unfug, dazu erklingt Filmmusik wie aus einem Softporno aus den 70ern.
FAZIT: So ganz legt "Import Export" den leicht verkopften Anstrich von Studentenmucke nicht ab, SEDLMEIR präsentiert sich aber als ausgefallenen Musiker, der mitunter wirklich tolle Songs schreiben kann und es auch tut. Hin und wieder gehen die Gäule dann zwar mit ihm durch, letztendlich ist seine dritte Platte aber recht unterhaltsam. Zumindest wenn man gerade in der richtigen Stimmung für sowas ist.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.05.2010
Haute Areal
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30.04.2010