Nach zwei guten Alben habe ich viel vom dritten Album von THE BEAUTY OF GEMINA erwartet. Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, dass mich "At The End Of The Sea" dermaßen aus den Socken hauen würde. Die schweizer Formation um den charismatischen Frontmann Michael Sele hat nämlich ein dunkelschönes Meisterwerk erschaffen, mit dem sie sich endgültig in der ersten Liga elektronisch-rockiger Musik etabliert.
Die Gründe, warum "At The End Of The Sea" so dermaßen gut geworden ist, sind vielfältig. Zum einen sei besonders der verbesserte Einsatz der Gitarren zu vermerken. Auf der einen Seite klingen die verzerrten Gitarren härter denn je und nehmen einen prominenteren Platz im Soundgefüge der Band ein. Zum anderen sorgen häufig eingesetzte Akustikgitarren für ein Gefühl der Leichtigkeit und lassen die Musik organischer klingen. Das wird durch Violine und Cello noch erfolgreich unterstrichen. Die elektronischen Element sind immer noch stets präsent, stehen aber in perfekter Balance zu den rockigen Elementen, was für eine sehr dichte Atmosphäre sorgt. Die Detailverliebtheit ist in beinahe jedem Song erkennbar, überfrachtet wirken die Kompositionen trotzdem zu keiner Sekunde. Der Song an sich wird nicht aus den Augen verloren, sondern erhebt sich jeweils mit ganz eigenem Charakter.
Stilistisch decken THE BEAUTY OF GEMINA mit den 13 Songs das ganze Spektrum der Genres Darkwave und Gothic Rock ab. Es gibt eingängige Songs, die zum Tanzen animieren, ruhige, dunkle Nummern, die einen gebannt zuhören lassen, straighte Rocker und sanfte Balladen. Hier und da mag man sich ein ganz klein wenig an artverwandte Bands erinnert fühlen, doch dank Michaels dunkler und sonorer Stimme ist die Musik unverkennbar THE BEAUTY OF GEMINA. Mit vielen fantastischen Gesangslinien veredelt er die Songs, die mit ebenso zahlreichen Ohrwurmmelodien gespickt sind.
Los geht es mit einem Hitfeuerwerk, das man in der Form lange nicht gehört hat. Der Opener "Dark Rain" ist eine dunkle Hymne, die man so schnell nicht mehr aus dem Ohr bekommt, herrlich düster und getragenen umschmeichelt "Obscura". Vom Charakter her leicht an "Perpetual" von VNV NATION erinnernd geht "Rumours" direkt in die Beine und ist zurecht Singleauskopplung. "Kings Men Come" ist ein für die Band typischer, dunkel-ätherischer Song, während die erste Single "Sacrificed To The Gods" dank der geilen Gitarrenmelodie sofort wie die Rakete zündet. Nach diesem fulminanten Einstieg nimmt der Hitfaktor auf "At The End Of The Sea" zwar ein wenig ab, das songschreiberische Qualitätsniveau aber nicht und so beeindrucken das sehr dichte "Counting Tears", das mantraarttige "A Fortune Tellers Dream" mit seinem jazzigen Schlusspart oder das sehr ruhige "Endless Sleep" nicht minder. Lediglich die Tatsache, dass der unbenannte 13. Song ein ruhiges Instrumental ist lässt die letzte Viertelstunde des Albums ein wenig langatmig wirken. Man muss aber klar sagen: selbst die Songs, die man nur als "gut" bezeichnen würde, lassen die Konkurrenz immer noch verdammt alt aussehen.
FAZIT: Im Zusammenspiel von grandioser Musik und sehr stimmungsvollem Artwork ist THE BEAUTY OF GEMINA mit ihrem dritten Longplayer ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk gelungen, das fesselt, begeistert und berührt. Mit den ersten beiden Alben haben sich die Schweizer für den Aufstieg in die erste Liga nur warmgespielt, jetzt nehmen sie Kurs auf die Tabellenspitze und etablieren sich auf eindrucksvolle Weise neben stilistisch ähnlichen Größen wie DIARY OF DREAMS. "At The End Of The Sea" ist ein absolutes Muss für alle Freunde dunkler, elektronischer angehauchter Rockmusik.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.03.2010
David Vetsch
Michael Sele
Michael Sele
Michael Sele
Mac Vinzens
Philipp Hirsiger (Violine), Adrian Müller (Cello)
Danse Macabre
65:21
26.03.2010