O.K. Ich bin Kulturbanause, wenn es um die Kultur meiner Lehrer und Eltern geht. Deshalb hat mich bisher der Name URFAUST auch immer von dem holländischen Duo ferngehalten. Nüchtern betrachtet war das ein Fehler, ist deren aktueller dritter Longplayer doch ein herausragendes Stück Black Metal, vollkommen losgelöst von Konventionen, Corpsepaint und gängigen Strukturen.
Die Anhängerschaft der Band kann sicher besser als ich beurteilen, wo „Der freiwillige Bettler“ im Gesamtwerk von URFAUST einzuordnen ist, alleinstehend betrachtet sind die sieben Songs ein faszinierender Koloss ambienten Black Metals. Nach 4 nüchternen Anzählern zu Beginn tauchen URFAUST sofort ab in ihr eigenes Universum aus rituellen mäandrierenden Strukturen, repetitiven Gitarrenlinien, die von einem äußerst fetten Bass untermauert werden, und schamanenhaften Lautmalereien, die Texte ersetzen und überflüssig erscheinen lassen.
Der Opener „Vom Gesicht und Rätsel“ hat einen leicht orientalischen Unterton und wartet mit einem atonalen Mittelpart auf, der sich bei aller Schrägheit perfekt in den Strom des Songs einfügt, der folgende Titeltrack geht nicht nur von der Geschwindigkeit her in die Doom-Ecke, auch die Drum sind schwer hallbeladen und scheinen aus einer tiefen Katakombe mühsam an die Oberfläche zu dringen, während „Das Kind mit dem Spiegel“ dagegen nahezu eingängig wirkt und einen Jean Michel Jarre in Teufelsmaske gut zu Gesicht stehen würde. Für Auflockerung sorgt das rockige „Ein leeres Zauberspiel“, welches straight nach vorne prescht und mit Gesang versehen wurde, der möglicherweise sogar Text enthält, auf jeden Fall aber an Achtziger Wave-Ikonen wie X-MAL DEUTSCHLAND adaptiert wurde. „Der hässlichste Mensch“ schleppt sich dann mühsam voran, schleicht, kriecht, verzweifelt und ausgestoßen, bis „Der Zauberer“ wieder mit rituellen Singsang den Faden aufnimmt und den gefesselten Hörer nach einem schon beinahe traditionellem Gitarrensolo der bitteren Realität preisgibt.
FAZIT: URFAUST sind sehr eigen, rituell und fesselnd, morbide und phantasievoll, Black Metal ohne Black Metal zu sein. Ist das Kunst? Macht nichts, ich bin trotzdem fasziniert.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.12.2010
IX (Willem)
IX (Willem)
VRDRBR (Nachtraaf)
Ván Records
45:48
25.11.2010