Von ALICE IN CHAINS bis WARLOCK reichen die eigentümlich gemischten Einflüsse dieser jungen Londoner Combo. Springen nun auch Rising Records auf den nicht anhalten wollenden Retro-Trendzug?
VALPURGIS NIGHT sind tatsächlich frei von jeglichen zeitgeistigen Allüren und lassen sich nicht annähernd mit "Core" oder ähnlichem Popanz präfigieren. ANGEL WITCH gelten in ihrem Proberaum ebenfalls etwas, dem die Musiker mit einer betont mystisch okkulten Atmosphäre Ausdruck verleihen möchten. Das "Sword of Damocles" säbelt deshalb auch behäbig mit doomigen Tonfolgen typisch orientalisch-beschwörerischer Natur in den Käse. Generell agiert die Truppe manchmal derart schleppend, dass sie den Fokus aufs Wesentliche verliert: gute Songs. Einzig Stakkati im Rhythmusgitarrenbereich sowie die zeitgemäß dichte Produktion (relativ gesehen; Stichwort Trio) verweisen auf den modernen Teil der Inspirationsspender, aber wie angedeutet, ist die Quelle unerheblich, wenn das Wasser lauwarm schmeckt. Preacher besitzt als Sänger durchaus Charisma, wie er im auf den Gesang ausgerichteten "I Monster" bezeugt. Die Gitarrenarbeit bleibt hingegen wenig spannend, man verlässt sich zu sehr auf ein vermeintlich düstere Moment in den Kompositionen. Das Feuer, welches gerade die beschlageneren der frühen NWoBHM-Gruppen im Leadgitarren-Bereich abgefackelt haben, geht VALPURGIS NIGHT mehr oder weniger ab, obwohl sie sich deren Einfluss groß auf die Fahnen schreiben. Es reicht nicht, bloß Landsmann zu sein ...
"Broken Spectre" bemüht sich um einen ansprechenden Spannungsaufbau, scheitert am Ende aber an den verwendeten, eben nur mäßigen Ideen. VALPURGIS NIGHT grooven nicht und treiben auch nicht auf außerordentliche Weise an. Null zündende Gesangsmelodien wie in"Council of Dark Shadows" gelten als bestes Beispiel für das Unvermögen der Gruppe. Im weiteren Verlauf verhindern diese misratenen Lines, dass auch nur ein Track auf Anhieb im Ohr einen Nistplatz findet - nicht eine Passage auf "Psalms" klingt bemerkenswert oder verführt zum erneuten Auflegen. Dazu böte sich der Bandnamensgeber als Stück an, doch dort findet sich allein eine atmosphärisch ruhige Bridge als herausragendes Merkmal. Auch mit der anschließenden Ballade verschenkt man die Möglichkeit, den Hörer in die eigene Welt miteinzubeziehen, weil die Hooks fehlen, so melancholisch die Kiste auch klingt.
"Jacob's Ford" besticht nicht eben mit Samples aus dem Schlachtengetümmel, und auch die energetischeren Momente des Tracks werden durch unschlüssige cleane Zwischenparts für relativiert. Überhaupt: die Riffs scheuen das Offensichtliche, mit dem andere Bands den schnellen Erfolg einheimsen und ebenso rasch wieder von der Bildfläche verschwinden. So sehr der Band dies zur Ehre gereicht, sollte sie es ganz allgemein so halten wie mit dem epischen Entwurf am Albumende: Zeit lassen und weiter am eigenen Stil arbeiten, bis etwas Mitreißendes dabei entsteht.
FAZIT: VALPURGIS NIGHT mögen die traditionellste Truppe im Rising-Kader sein, aber sie werden ihr Label nicht unter Echtmetallern rehabilitieren. Die Hürden, die man sich per Namedropping aus der echtmetallischen Klassikerkiste selbst aufgestellt hat, fallen eine nach der anderen, wenn die Band ihre Songs nicht zu den Hymnen macht, die in diesem Genre einfach vorhanden sein müssen.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.10.2010
Preacher Edwards
Preacher Edwards
Lance Barrington
Rafi Utudjian
Rising / Cargo
50:12
05.11.2010