Okay, alle die das letzte VANGOUGH-Album „Manikin Parade“ zu schätzen wissen, werden nicht zwangsweise mit „Game On“ warm werden. Rein instrumental und ohne Clay Withrows großartigem Gesang versprüht VANGOUGH weniger PAIN OF SALVATION-Feeling, sondern … ja, was eigentlich? Der Albumtitel lässt es ahnen: „Game On“ ist als Hommage an die Videospiele der Achtziger- und Neunzigerjahre zu verstehen. Damals brauchte es nicht mehr als 8bit zur Glückseligkeit, um mit Mega Man den bösen Dr. Wily zu bekämpfen, bei Castlevania mit der Peitsche die Heerscharen des Teufels in seine Schranken zu verweisen und mit Super Mario auf den Köpfen der quietschebunten Fauna der Nintendo-Plastikwelt herum zu springen.
Das stark gitarrenbetonte Material zeigt mit klarer Metalschlagseite in Richtung DREAM THEATER, doch anders als bei den New Yorkern, liegt der Fokus weniger auf Technikdemonstration, sondern auf den mitreißenden Melodien, die schon damals im Piepsesound der Spielkonsolen Laune gemacht haben. Aufgrund der comicartigen Klangfolgen erinnert das Ganze ein wenig an DRAGONFORCE ohne Gesang, doch ohne deren Geschwindigkeits- und Gimmick-Overkill. Interessant ist das Material somit nicht nur für Spiele-Nostalgiker und Prog-Fans, sondern auch für Speed- und Melodic-Metaller, die auch mal einen Knoten mehr in ihrer Musik vertragen können. Die (absichtlich) käsigen Achtziger-Keyboardsounds sind im Albumkontext eine wahre Wonne und gefährden niemals die Gitarrendominanz, die „Game On“ auszeichnet.
FAZIT: Nostalgie pur bieten VANGOUGH für (ehemalige) Spiele-Fetis. Sicher darf man diesen Videospiele-Ausflug nicht zu ernst nehmen - und außerdem sei die Frage erlaubt, warum „Game On“ unter dem Namen VANGOUGH veröffentlicht werden musste. Doch das ist Erbsenzählerei und interessiert wohl letztlich nur den Überkritischen. Wer auf Instrumental-Mucke kann in der Schnittmenge aus DREAM THEATER, DRAGONFORCE und den großartigen Polen-Proggern ANIMATIONS, der kann auch ohne Gamer-Vergangenheit gern mal ein Ohr riskieren.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.06.2010
Clay Withrow, Carlton Dorsey
Clay Withrow
Clay Withrow, Abe Hartley
Brandon Lopez
Eigenproduktion/Just For Kicks
50:21
28.05.2010