Dass Finnland in den 80ern eine florierende Post Punk und (New) Wave-Szene hatte, die jede Menge musikalischer Eigengewächse hervorbrachte, wusste ich nicht, bis mir "Eilisen Jälkeen - Suomalaista Postpunkia 1981 - 1987" ins Haus flatterte. Diese wunderbare Compilation gibt einen umfassenden Überblick über die damals aktiven Bands und wartet mit so manch unentdeckter Perle auf, die man ohne diesen Sampler wohl auch nicht gefunden hätte.
Denn eines muss man festhalten: rein musikalisch müssen bzw. mussten sich einige der hier vertretenen Acts nicht hinter den damaligen Vorreitern des Genres verstecken, denn was JOY DIVISION konnten, konnten Bands wie MUSTA PARAATI oder SILMÄT auch. Besonders erstgenannte, die gleich drei Songs beisteuern, überzeugen mit jeder dieser Nummern auf ganzer Linie und hätten es durchaus verdient gehabt, über Landesgrenzen hinaus bekannter zu werden. Dagegen sprach aber, wie bei allen anderen Bands hier, die Tatsache, dass man offenbar ausschließlich in finnisch gesungen hat. Die Sprache ist für Ohren, die musikalisch an englisch, deutsch und manchmal auch französisch, spanisch oder italienisch gewöhnt sind, ja schon dann kurios, wenn man sie nur in gesprochener Form hört. Gesungen ist das Ganze nochmal deutlich gewöhnungsbedürftiger, allerdings macht es in gewisser Form auch den Reiz dieser Zusammenstellung aus. Zumal es Bands wie ILO auch gelingt, die Sprache harmonisch in die Musik einzubetten. Bei HEXENHAUS oder KUOLLEET KUKAT sieht das wiederum ganz anders aus, die eh schon experimentelle Musik wird durch die Sprache noch verkompliziert.
Auffällig ist darüberhinaus die Tatsache, dass das Saxofon sich damals größerer Beliebtheit erfreute, gleich mehrere Bands nutzen das Instrument mit dem leicht plärrigen Charakter. Festzuhalten bleibt ebenfalls, dass es so einige Bands gab, die komplett weiblich waren oder zumindest eine Sängerin hatten. Besonders hervorzuheben sind hier die All-Girl-Band BELABORIS, deren rein elektronischer Ohrwurm "Kuolleet Peilit" ein skuril-poppiger Hit und eines der Highlights auf dem Sampler ist. Kaum weniger schräg sind GEISHA und BURUNDI (die etwas rockiger klingen), bei RET MARUT kann ich nicht so recht sagen, ob hier Männlein oder Weiblein singt. Das 20-seitige Booklet gibt da auch nicht unbedingt viel Aufschluss, da es ebenfalls komplett in finnisch gehalten ist. Und auf dem Bild der Band selbst erkennt man auch nicht genau, wer da jetzt welchen Geschlechts ist.
Letztendlich wird das gesamte Spektrum düsteren Rocks der 80er ausgefüllt, die Songs reichen von poppig und eingängig über hintergründig und melancholisch bis hin zu sperrig und expressiv, so dass jeder, der sich für diese Musik interessiert, hier wohl andere Favoriten und NoGo's ausmachen wird. Hervorzuheben ist ebenfalls die Tatsache, dass der Sound dieser Compilation rundum gelungen ist, bei der Zusammenstellung und dem Mastering hat man sich wirklich viel Mühe gegeben, die teilweise fast 30 Jahre alten Aufnahmen in einem ordentlichen Klanggewand zu präsentieren. Wie schon erwähnt gibt es ein ausführliches Booklet, das leider nicht in englisch geschrieben ist, außerdem kommt die CD im schmucken Digipak.
FAZIT: "Eilisen Jälkeen - Suomalaista Postpunkia 1981 - 1987" ist eine musikalische Zeitreise, die mit viel Liebe und Herzblut gestaltet wird. Darüberhinaus hat der Sampler äußerst ungewöhnliche Klänge, aber auch so manchen Hit zu bieten, der heute noch in jedem Club funktionieren würde, wenn man den Mut hätte, finnische Songs zu spielen. Trotz der Gewöhnungsbedürftigkeit mancher Nummer ist diese Zusammenstellung letztendlich Pflicht für jeden, der die dunkle Musik der 80er liebt und den Blick über den Tellerrand nicht scheut.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.05.2010
Stupido Records / Twin
79:04
27.01.2010