Was ein einziges Lied anrichten kann. Ich muss nur das Wort "vogelfrei" lesen oder hören, schon hab ich den entsprechenden Song von SCHANDMAUL im Ohr. Ob die Hamburger den Song im Kopf hatten, als sie ihre Band VOGELFREY nannten, ist nicht überliefert, angesichts der Tatsache, dass man in musikalisch ähnlichen Gefilden wandert, ist dies aber auch nicht gerade unwahrscheinlich.
Metallisierter Rock mit Folk-Einflüssen ist es also, denn es auf dem mit "Wiegenfest" passend benannten Debütalbum von VOGELFREY zu hören gibt. Als Vergleichsmöglichkeiten bieten sich vor allem IN EXTREMO und SCHANDMAUL an, auch wenn die metallische Basis bei VOGELFREY deutlicher zu hören ist, als bei den genannten, was sich auch in gelegentlichen härte-technischen Ausbrüchen in Richtung Pagan Metal zeigt. Insgesamt ist man um ein hohes Maß an Abwechslung bemüht, so finden sich eingängige-poppige Rocksongs wie "Heldentod" genauso, wie rasant-punkiges in "Ball der Gehängten", rifflastiges Schwermetall in "Blutgericht" oder getragener Pathos in "Waffenbruder". Musikalisch geht das soweit in Ordnung und auch wenn hier und da bekannt wirkende Melodien auftauchen, ist ein genug Eigenständigkeit vorhanden. Auch spielerisch findet sich kaum Grund zur Klage, lediglich der Gesang könnte ruhig noch kraftvoller erklingen.
Textlich sieht man sich - auch hier ist wieder Verwandtschaft zu SCHANDMAUL gegeben - als Geschichtenerzähler und so geht es mal nach Babylon ("Belsazar"), mal in den hohen Norden, wo man sich der christlichen Kreuzzüge zu erwehren versucht oder singt von gefährlichen Frauen mit roten Haaren. Auffällig ist der an Deutschpunk erinnernde Text von "Blutgericht", der nicht so recht zur Mittelalter-Atmosphäre passen will. Richtig amüsant und ein bisschen garstig wird es in "Feenfleisch", hier geht es die schmackhafte Zubereitung von zarten Elfen. Es gibt also nicht nur die genreübliche Standard-Lyrik, sondern auch ein paar Eigenarten von VOGELFREY, was ihnen zusätzlich Pluspunkte verschafft.
FAZIT: "Wiegenfest" ist ein über weite Strecken unterhaltsames Album geworden und mit diesem Songmaterial sollten VOGELFREY auch auf der Bühne für gute Stimmung sorgen. Guter Einstand für die junge Band aus Hamburg.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.11.2010
Chris
Jannik
Jannik, Dennis
Dominik
Jannik (Rauschpfeife, Flöte, Bouzouki), Johanna (Cello)
TrollZorn
48:45
12.11.2010