Freunde meditativer und spaciger, artrockiger und krautiger, World Music-artiger und progressiver Klänge, die besonders dem experimentellen Schaffen PINK FLOYDS und AMON DÜÜLs, aber auch Klangerzeugnissen der OZRIC TENTACLES zugetan sind, werden bei diesen beiden überlangen Alben, deren Stücke nicht selten die 20-Minuten-Grenze gnadenlos überschreiten, von Ohr zu Ohr grinsen
Zwei Gitarren, ein Bass, Schlagzeug, Didgeriddoo, Djembe, Synthesizer – mehr benötigt das Soester Septett nicht, um in freigeistiger Jam-Manier einfach seinem Flow zu folgen und die „Songs“ in unvorhersehbare Richtungen zu lenken. Wobei... lenken... wer lenkt hier wen? Was passiert, passiert einfach, egal, wohin es geht, ganz ohne Regeln oder Strukturen. Und ganz ohne Gesang, denn den braucht es gar nicht, weil die Musik hier das Wort hat. Die perfekt abgestimmte Band leistet sich keine Schnitzer, jeder hört auf jeden, jeder gestaltet die Reise mit, Empathie, Telepathie, Synergie, selbst die Zuhörer sind ein aktiver Teil des Ganzen, denn in der Regel sind die WELTRAUM-Alben nichts weiter als Mitschnitte von Konzerten und Live-Events.
Das 76-minütige „Feuer“ wurde beispielsweise 2009 auf dem Feuerwelt Festival in Mühlheim am Main mitgeschnitten, und „Sweet Valentine“ beinhaltet zwei Liveaufnahmen von der Bad Wildunger Klangfreunde-Party, die im selben Jahr stattfand. Lediglich die ersten drei Tracks auf letztgenannter Scheibe sind sogenannte Recordingsessions, die in der Heimatstadt der Band über die Bühne (?) gingen – zwei davon für die CD-Konserve etwas zurechteditiert, damit auch alles Wichtige drauf passt.
Einige werden ihre Probleme mit diesen doch sehr ausufernden, oftmals ewig lang auf einem Thema basierenden, selbst produzierten Sessions haben, doch die Herangehensweise der Band ist nun mal sehr jamfixiert, und da spielt man sich schon mal in Trance und hängt auf einem mehrminütigen Trip fest. Wer so etwas wie Songstrukturen oder die Einhaltung musikalischer Gesetze erwartet, befindet sich daher völlig auf dem Holzweg.
WELTRAUM bringen ein relativ hohes Pensum an Veröffentlichungen auf. Wenn man dem Pressezettel, das den beiden CDs beilag, Glauben schenken darf, haut der Siebener im Jahr durchschnittlich vier Alben raus. Okay, das mag vielleicht etwas viel sein, doch es ist doch völlig in Ordnung, so lange die Quantität nicht die Qualität überlagert. Und letztendlich liegt es ja an jedem selbst, wie viel davon im Plattenschrank landen soll.
FAZIT: Ein Doppelrelease mit über zweieinhalb Stunden voller „Ommmm“ - das spaltet die Hörerschaft, und die einzelnen Hörer können letztendlich selbst bestimmen, ob sie davon laufen oder sich von den Schallwellen treiben lassen wollen. Jedenfalls kann man nicht abstreiten, dass WELTRAUM eine sehr kreative, hingebungsvolle Band ist, die völlig in dem aufblüht, was sie ihren Instrumenten entlockt.
Ach so, ja: Ich überlegte lange, ob ich jedes der beiden Alben separat bespreche, habe mich dann aber doch für ein Kombi-Review entschieden, zumal sich die Punktevergaben nicht all zu viel nehmen. Da mir „Feuer“ aufgrund seiner präsenteren Liveatmosphäre mehr zusagt, zücke ich für dieses Werk zwölf Punkte, während „Sweet Valentine“ erst in den zwei „echten“ Livestücken am Ende der Platte eine ähnliche Magie entwickelt und nur zehn Zähler einfahren kann. Das sind unterm Strich satte elf Punkte, die sich die Truppe redlich verdient hat.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.05.2010
Dora
Boris, Schwong
Schindel
Denniz
Tom (Didgeridoo), Armin (Djembe)
AREADB
siehe Tracklist
07.05.2010