Zu den arbeitswütigsten Workaholics in der schwarzen Szene gehört neben Claus Larsen (LEÆTHER STRIP) sicherlich Rudy Ratzinger, der Kopf hinter den legendären :WUMPSCUT:. Inzwischen erscheinen neue Alben und EPs im 12-Monats-Takt und so darf man sich 2010 mit "Siamese" beschäftigen. Einem Album, das die Ausnahmestellung in der deutschen Szene spielend untermauert.
Zehn neue Songs haut Ratzinger uns um die Ohren und mit diesen Nummern wird die musikalische Bandbreite von :Wumpscut: in vollem Umfang beleuchtet. Das Album ist in allen Belangen abwechslungsreich, so dass die Songs einen extrem hohem Wiedererkennungswert haben. Nach drei Durchläufen kennt man die Tracks so gut, dass man auf die zahlreichen Details achten kann. Hinzu kommt ein ziemlich geschickter Aufbau des Albums. Mit offensichtlichen Hits zieht Ratzinger den Hörer erst auf seine Seite, stößt ihn dann mit relativ sperrigen Songs vor den Kopf und versöhnt sich dann wieder mit eingängigen Ohrwürmern.
Mit einer Horrorfilmmelodie startet "Falling From Lucifer's Grace" und wenn nach 30 Sekunden die brachiale Gitarre einsetzt, fühlt man sich an die Anfangstage von :Wumpscut: erinnert. Ein starker Industrialrocker, der "Siamese" gekonnt eröffnet. Ein Electro-Klopfer mit Mitgrölfaktor (!) ist "Boneshaker Baybee" und mit diesen beiden Songs hat Ratzinger eigentlich schon gewonnen. Der Titeltrack ist düster, langsam und intensiv und lässt einen mit Pianoklängen und verfremdeten Babygeschrei erschaudern. Tiefe Klaviersounds dominieren das hektische "Ziribit" und das plakativ betitelte "Auf Wiedersehn im Massengrab" ist sperig und zäh. Die BPM-Zahl steigt mit mit dem garstig-bösen und schön düsteren "Teufelszeug" wieder leicht an und noch flotter wird es dann mit "Bam Bam", einer Nummer, die mit ihrer Belanglosigkeit allerdings der verzichtbarste Song auf "Siamese" ist. Der dritte Tophit ist "Loyal To My Hate", ein Ohrwurm, der auf einem fragil-verspielten, melodischen Grundthema aufbaut, das ein interessanter Kontrast zum aggressiven Titel an sich ist. Spinett und das immer wieder auftauchende Klavier prägen das dunkel-atmosphärische "Blood Stigmata", dessen prägnanter Refrain sich schnell festsetzt. Den Abschluss macht eine düstere Ambientcollage mit fremdartigen Trancegesängen und harter (russischer? spanischer?) Frauenstimme.
FAZIT: Drei Knüller, drei weitere sehr gute Songs, drei Nummern, die das prädikat "gut" verdienen und eine verzichtbare Nummer - das macht in der Endabrechnung aufgerundet knapp 12 Punkte.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.04.2010
Rudy Ratzinger
Rudy Ratzinger
Beton Kopf Media
48:12
16.04.2010