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Zulya: Tales of Subliming

Stil: Songwriter / Russische Musik

Cover: Zulya: Tales of Subliming

Diese russischer Liedermacherin hat sich von ihren Bandmusikern Musik zu nachdenklichen Texten schreiben lassen und bietet auf ihrem sechsten Album (zwei davon unter dem Banner CHILDREN OF THE UNDERGROUND) einen folkloristischen Mix, der für deutsche Ohren nicht eben alltäglichen Art.

Andererseits hat "Tales of Subliming" auch wenig mit musikalischen Petroschka-Klischees oder Russendisko zu tun. "A Tale Of Love And Death" klingt beispielsweise nach TOM WAITS' Jahrmarktsbesuchen und formuliert damit sogleich den Grundtenor des Albums. "Water Woman And The Orphan Girl" oder "Baba Yagas Dream" legen mit Mariachi-Bläsern nach, sodass man ZULYAs Herkunft in erster Linie an der durchdringenden Schwermut festlegen kann (wieder ein Stereotyp), mit der man sich im weiten Mutterland häufig plagt. Diesen Eindruck vermittelt auch "Ocean Lullaby"; man kann sich lebhaft vorstellen, zum sanft gestrichenen Cello im Meer zu versinken. Ebenso ergeht es dem Hörer beim perkussiven "He Fell So Deep", wo man auch seltene E-Gitarren vernimmt.

Die Songs durchlaufen keine großartigen Wandlungen, wenn ZULYAs Instrumentalisten einmal ihr minimalistisches Parkett ausgebreitet haben, doch das liegt in der Natur der Sache. Die Sängerin entfaltet sich auf diesem Unterboden und macht ihr Innenleben für den Rezipienten erfahrbar - dunkel sieht es oftmals in ihr aus, aber nicht hoffnungslos, wie das verschmitzte "A Girl Named Free" bezeugt, das aus Storchenbeinen heranstakst. Ebenfalls verhalten positiv: "The Mermaid's Tale" ob seines wippenden Charakters. "The Ropemaker's Daughter" fügt den traditionellen Instrumenten einen pappigen Beat hinzu, und in "Little Sky" hört man zur Abwechslung ein Akkordeon. Damit sei angedeutet, wie ähnlich die Stücke und Melodien sich sind, aber wieder: dies ist die zwangsläufige Krux reduzierter Musik und im Singer-Songwriter-Bereich üblich - gleichwohl der Kontext hier etwas weiter östlich auf der Weltkarte zu verorten ist. Wertvolle Musik setzt sich aber über vom Menschen gezogene Grenzen hinweg - dies ist der Fall hier und zeichnet "Tales of Subliming" aus.

Der vorletzte Track erreicht durch Klicken und Klopfen ein ungewöhnliches Klangbild, welches die Akustikgitarren-Ballade "The Captive Heart" wieder geraderückt: keine großartigen Brechungen, gewissermaßen strikte Linientreue in der Musik, während der Inhalt definitiv vom Unperfekten, Tragischen und Absonderlichen im Leben spricht, oftmals im Metaphern und Parabeln. Ein feines Booklet im Digipack aus mattem Papier, in welchem es neben Linernotes im Bedarfsfall auch geistreiche Zitate sowie Übersetzungen aus der Muttersprache ZULYAs gibt, rundet ein warm lilafarbenes - irgendwie auch klanglich - Gesamtwerk ab.

FAZIT: ZULYA schickt sich als erfahrene Künstlerin an, ihr wie auf den Leib geschneiderte, generell ohne Strom abseits der Aufnahmemedien auskommende Lieder mit anheimlendem Gesang zu versehen. Das resultierende Songmaterial klingt intim und ob der Instrumentierung ungewohnt, jedoch nie unbequem oder kalt. So wird Russisch nicht nur für Weltmusik-Sammler und Freunde von allem, was nach JONI MITCHELL kam, zur schönen Sprache.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.08.2010

Tracklist

  1. A Tale Of Love And Death
  2. Water Woman And The Orphan Girl
  3. Baba Yaga's Dream
  4. Ocean Lullaby
  5. He Fell So Deep
  6. The Storyteller
  7. A Girl Named Free
  8. The Ropemaker's Daughter
  9. The Mermaid's Tale
  10. Little Sky
  11. The Subliming Of The Snow-Maiden
  12. The Captive Heart

Besetzung

  • Bass

    Andrew Tanner

  • Gesang

    Zulya Kamalova

  • Gitarre

    Andrew Tanner, Lucas Michailidis

  • Schlagzeug

    Justin Marshall

  • Sonstiges

    Andrew Tanner, Justin Marshall (harp, organ)

Sonstiges

  • Label

    Westpark

  • Spieldauer

    52:21

  • Erscheinungsdatum

    27.08.2010

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