Wenn eine Band vorgibt, Elemente aus Rock und Metal mit elektronischen Sounds zu vermengen, ist bei mir zunächst Skepsis angesagt. Zu häufig gingen solche Versuche in den letzten Monaten in die Hose. Da trafen Gitarrenriffs aus dem Musikdiscounter auf 08/15-Electroklänge und Sänger, die diese Bezeichung kaum verdienten, ereiferten sich in peinlichen und strunzdoofen Lyrics, allzu oft waren solche Bands auch lediglich ganz schlechte Kopien von RAMMSTEIN, OOMPH! und Konsorten. Insofern ging ich mit wenig Eifer an die Besprechung von "einsam", dem ersten Album einer niedersächsischen Formation namens b.o.s.c.h., die ursprünglich als reines Hobby- und Spaßprojekt gedacht war.
Und siehe da: meine Befürchtungen waren unbegründet, denn überraschenderweise rocken b.o.s.c.h. sehr ordentlich und straight nach vorne. Dabei - und das ist die wirkliche Überraschung - klingen sie eher nach SCHWEISSER, CLAWFINGER, THINK ABOUT MUTATION oder TESTIFY, also der Variante von industrialisiertem Rock und Metal, die in den 90ern bereits blühte, als nach zeitgemäßem Electro-Rock, wie ihn oben genannte Erfolgsacts spielen. Und so erklingen reihenweise gefällige bis richtig starke Gitarrenriffs, unterstützt von einem zerrenden Bass und oft elektronischen, aber stets peitschenden Rhythmen. Neben den aggressiven, rauen und oft elektronisch veränderten Vocals kommen zeitgemäße Synthie-Sounds zum Zuge, die hier und da an ASP erinnern. Und das Ganze in einer richtig tollen, fetten Produktion. Respekt, meine Herren, hier wurden meine Erwartungen gehörig übertroffen.
So geil wie der Sound ist das Songwriting allerdings noch nicht, aber das kann ja noch werden. Gute Ansätze sind stets vorhanden, aber insgesamt fehlen noch die Aha-Effekte, die dafür sorgen, dass die Songs auch im Ohr bleiben, das Gespür für packende Hooklines scheint den Jungs noch ein wenig zu fehlen. Dafür agiert man auch in den Geschwindigkeiten abwechslungreich und ist bemüht, nicht allzu gleichförmig zu klingen, was aber noch nicht immer funktioniert. Die manchmal etwas wirr wirkenden Texte sind weitestgehend frei von Peinlichkeiten und die Reime sind nicht allzu verkrampft, auch hier kann man b.o.s.c.h. also ein gutes Zeugnis ausstellen.
FAZIT: Die Band sollte man im Auge behalten, denn b.o.s.c.h. haben einiges drauf. Klar, Luft nach oben ist ebenfalls noch genug vorhanden, aber dafür, dass die Band erst seit 2006 besteht, ist "einsam" ein gelungener Einstand, der sich von den derzeitigen Genre-Üblichkeiten auch härtemäßig angenehm abhebt.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.05.2010
Dirk Vitters
Kai Junge, Max Klee
Christian Heil
Kai Junge
Lutz Moeller
Lutz Moeller, Kai Junge (Programming)
Major Records
52:57
16.04.2010