Elf Jahre und nichts gelernt? Nun gut, die altgedienten Österreicher 3 FEET SMALLER spielen auch heute noch unoriginellen Melodic Punk, wie man ihn allerdings kaum besser aus ihrem Land hören mag, und was noch wichtiger ist: Auch anderswo können sich Genrevertreter ein Scheibchen von ihnen abschneiden.
Zunächst besticht der Gesang von Hauptstimme Marcus, selbst wenn er im Opener etwas von neuer Weltordnung schwadroniert und "2010, the beginning of our ruin" skandiert. Jawohl, die Zeit ist stehengeblieben, obwohl man dies - so man die Lyrics auf den Titel "Vienna's Burning" bezieht - der Gruppe als speziell auf ihre Heimat gemünztes Statement attestieren darf. Wie dem auch sei: Die Musik geht nicht den direkten Weg und mutet bisweilen durchaus kantig an. Die Harmonien sind findig ausgeklügelt worden, nicht nur im Gesangsbereich. So wird "Deja Vu" zum vereinzelt recht hart zupackenden, so oder so durchgehend schmissigen Swinger. "Acclaim & Dance" setzt im gleichen Stil später noch einen drauf. "Lead or Follow" ist prädestiniert zur Chartsingle, nicht nur ob der Komposition, die so allgemeinverträglich (austauschbar?) gehalten wurde wie nirgends sonst auf der Scheibe, sondern auch ob des Gastbeitrags von Rap-Ätzer Ferris MC.
"Before I Die" macht neueren GREEN DAY alle Ehre; man kann sich 3 FEET SMALLER durchaus auf riesigen Bühnen vorstellen, denn die großen Gesten beherrschen sie aus dem Effeff, was auch für die Major-würdige Produktion gilt. Auch in diesem Track gilt jedoch: Die feisten und keineswegs auf Standard gebürsteten Riffs gefallen ebenso gut wie vereinzeilt melodische Spitzfindigkeiten sowie die grundlegend melancholische Stimmung der Scheibe. "On My Own" zitiert BAD RELIGION in beiden Teilen, besticht am Ende jedoch mit scheuklappenfreien Rotzrock-Anleihen, während das bemüht fröhliche "Panic Attack" genauso wie "Won`t Look Back" oder "God Bless Anti-Depressants" am Ende eher austauschbar wirkt.
"Feels Like Home" passte auch auf eine Neo-Grunge-Scheibe und scheut vor Klangexperimenten (Drumloops) nicht zurück. "Music Making Red Alert" bietet sich ob seines Pathos ebenfalls als NICKELBACK-Vertreiber an. Schön auch, dass textlich im Gegensatz zu den ersten Songs mit zunehmender Spielzeit durchaus Lesenswertes stattfindet; bestes Beispiel dafür ist das zweisprachige "The Death of Katja Kassin", das auf einem offenen Brief der gleichnamigen Pornodarstellerin beruht. Letztlich braucht man 3 FEET SMALLER überhaupt nicht anzukreiden, dass sie bisweilen zu amerikanisch klingen wollen, denn es wirkt nicht einmal krampfhaft. Legt selbst ein und urteilt, ob ihr sie heucheln hört; es könnte sich durchaus um eine Band von drüben handeln - im Guten wie im Schlechten.
FAZIT: 3 FEET SMALLER spielen stadiontauglichen Punkrock in Perfektion mit einigen vernachlässigbaren Schlenkern in angrenzende Genres. Ihr Songwriting-Gespür schlägt ebenso positiv zu Buche wie ihr im beschränkten Rahmen durchaus beträchtlicher Spielwitz, sodass sich nicht allein Stilliebhaber berührt sehen werden: Diese vier meinen es ernst und musizieren von Herzen, Affinitäten und Assoziationen hin oder her.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.09.2011
The Reverend
Marcus Smaller, The General, The Reverend
Marcus Smaller, The General
Roberto Franko
Cosmix / Rough Trade
42:29
09.09.2011