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Ära Krâ: Ferne Tage

Stil: Emotionale Härte

Cover: Ära Krâ: Ferne Tage

Was erwartet man von einer Band, die sich den etwas sperrigen Namen ÄRA KRÂ gibt? Die ihr Debütalbum "Ferne Tage" nennt und ganz bewusst auf ein Label verzichtet, um völlige künstlerische Freiheit zu genießen? Die auf dem gezeichneten Cover eine Szenerie aus nächtlicher Großstadt, Wolf und schlafender Schönheit zeigt? Die das Individuum in den Hintergrund stellt und deshalb nicht bekannt gibt, wer hinter der Band steckt, damit allein die Musik im Mittelpunk steht?

Es ist im Grunde genommen egal, was man erwartet, denn all das wird mit den ersten Sekunden des Openers "September" über den Haufen geworfen. Denn das schwarzmetallisch-blastende Sperrfeuer, das über einen herein bricht, hat man eben nicht erwartet. Die erste Assoziation beim Anblick des Albums ging in Richtung Post Black Metal, doch "Ferne Tage" ist viel mehr als das. Völlig zwanglos werfen die Musiker hier Black Metal, Death Metal, DeathCore, MetalCore, Post Rock und PostCore in einen Topf, würzen diesen mit jeder Menge Emotionalität, rühren kräftig um und servieren einen atemberaubend guten Eintopf aus Gefühl und Härte, der an die begnadeten BURIED INSIDE erinnert. Dazu schrei-kreischt der Frontmann permanent, selbst in den ruhigeren Passagen verlagert er sich nicht auf Klargesang, sondern verweilt in der aggressiv-emotionalen Gesangslage. Jeder der sieben Songs ist gespickt mit wunderbar melancholischen Melodien, die, genauso wie zahlreiche gut eingewobene ruhige Passagen, einen perfekten Kontrast zum immer wieder auflebenden Sturm der metallischen Aggression bieten. Und wenn wie in "Neuschnee" dann auch noch eine Quetschkommode ihr trauriges Lied singt, ist es endgültig um mich geschehen.

Die Musik, die zum einen sehr gut gemacht ist, zum anderen aber auch ein gutes Maß an Eigenständigkeit mit sich bringt, ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist das Gefühl, dass ÄRA KRÂ damit transportieren. An dieser Stelle driftet die Rezension ins rein Subjektive ab und das aus gutem Grund. Denn jeder der sieben Songs sorgt bei mir nicht nur mehrfach für eine Gänsehaut, sondern gibt mir das Gefühl, dass hier eine direkte Verbindung in meine Inneres aufgemacht wird. Die urban-kalten Gefühle von Schlaflosigkeit, Einsamkeit, Isolation und Verlust, die in Texten und Musik ausgedrückt werden, treffen mich ins Mark und lassen mich das Gehörte einerseits als gefährdend, andererseits aber auch als katharsisch empfinden. Mein Herz explodiert, wird aber einen Moment später wieder zusammengesetzt, denn trotz aller negativen Gefühle, schimmert doch immer noch das eine Fünkchen Hoffnung, das einen weiter gehen lässt.

Ein paar Fakten und Gerüchte zum Schluss: "Ferne Tage" ist über BigCartel als physische CD käuflich zu erwerben, der Download geht über die Bandcamp-Seite von ÄRA KRÂ - wieviel man dort für den Download bezahlen möchte, bleibt einem selbst überlassen. Der Kollege von metal.de, der dort das Album besprochen hat, vermutet übrigens, dass ÄRA KRÂ aus dem Dunstkreis der nicht mehr existenten Fuck Your Shadow From Behind stammen, zumindest ist er sich recht sicher, dass deren Ex-Sänger Adrian Schler "Ferne Tage" eingebrüllt hat. Im Endeffekt ist es aber völlig egal, wer dahinter steckt, denn die Musik steht in der Tat für sich allein.

FAZIT: Modern, hart, emotional. Das wird vielen nicht schmecken, soll es auch nicht. ÄRA KRÂ machen Musik, die ein sehr spezifisches Gefühl transportiert und der Empfänger muss schon auf der gleichen Wellenlänge liegen, um aus dem Hören ein Fühlen machen zu können. Wenn das gelingt, ist "Ferne Tage" ein Hochgenuss.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.04.2011

Tracklist

  1. September
  2. Odem
  3. Verschlafene Tage
  4. Neuschnee
  5. Eos & Eis
  6. Licht
  7. Flieder

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    Eigenproduktion / BigCartel / Bandcamp

  • Spieldauer

    35:17

  • Erscheinungsdatum

    15.04.2011

© Musikreviews.de