Meine Hardcorepunk-Sozialisation hat bis heute deutliche Spuren in meinem Leben hinterlassen, auch wenn ich mittlerweile viel Metal höre. Obwohl ich in den Achtzigern die norwegische HC-Variante von SO MUCH HATE, STENGTE DØRER oder LIFE. BUT HOW TO LIVE IT? bevorzugte, war AGNOSTIC FRONT schon immer eine Band, die im Gespräch und präsent war. Grauzonen-Vorwürfe (übrigens u.a. aufgrund eines Texte vom heute allseits hochgeschätzten Peter Steele, R.I.P.) und eine Tour mit einem Ersatzsänger, weil Roger Miret in den Achtzigern wegen seiner mexikanischen Abstammung zeitweise nicht in Deutschland einreisen durfte, gehören glücklicherweise lange der Vergangenheit an, heute sind AGNOSTIC FRONT ein Urgestein und Überbleibsel einer Szene, die es realistisch betrachtet in damaliger Form schon seit zwei Dekaden nicht mehr gibt und liefern mit „My Life My Way“ ca. Album Nummer 15 im (mit Pause) ca. 29. Bandjahr ab.
Man mag nun die prollige Attitüde des New York Hardcore schätzen oder verdammen, Bandsprachrohr und Sänger Roger Miret hat in unzähligen Interviews bewiesen, dass er keineswegs der kleingeistige Vollpfosten ist, für den er gerne gehalten wird und dass der sich durch die gesamte Bandhistorie ziehende Gedanke der „Unity“ ihm eine Herzensangelegenheit ist. Wie schon der Titel „My Life My Way“ andeutet, mutet das aktuelle Album wie eine Rückschau auf das bisherige Schaffen der Band an und AGNOSTIC FRONT sind sich bis zum heutigen Tage treu geblieben und spielen ganz einfach schnörkellosen New York Hardcore, der schon unzählige Bands wie SICK OF IT ALL, TERROR oder HATEBREED maßgeblich beeinflusst hat.
Zum NYHC gehörte schon immer eine gehörige Portion Pathos, das auch 2011 nicht aus den Texten verschwunden ist und Songs wie „ Us Against The World“ oder den Titeltrack unverkennbar prägen. Musikalisch geben sich AGNOSTIC FRONT erstaunlich variabel, von Mosh-Pit Knallern wie dem Opener „City Street“, „The Sacrifice“ oder „A Mi Manera“ über melodische Streetpunk bei „Now And Forever“ bis hin zum Achtziger Thrashcore-Kracher „That’s Life“ reicht die Spannweite und macht „My Life My Way“ zu einem unverkennbaren und verblüffend gutem – wenn nicht gar essentiellem – NYHC-Album. AGNOSTIC FRONT sind AGNOSTIC FRONT, nichts anderes ist drin, und wenn eine Band nach zig Jahren immer noch ihr Ding durchzieht und ihren Sound keinem Trend anpasst, kann ich nur Respekt zollen.
FAZIT: New York Hardcore. Love It Or Leave It.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.03.2011
Mike Gallo
Roger Miret
Vinny Stigma, Joseph Porfido
Pokey Mo
Nuclear Blast
34:37
04.03.2011