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Alamaailman Vasarat: Maahan

Stil: OHRgastische Instrumentalmusik

Cover: Alamaailman Vasarat: Maahan

Es gibt immer wieder Begriffe oder Wörter, hinter denen sich Zustände oder Gefühlsregungen verstecken, die einen positiv oder/und negativ berühren. Eins dieser Wörter lautet: WAHNSINN. Einerseits benutzen wir es, wenn wir Anderen vermitteln wollen, dass uns etwas unglaublich, gänzlich unvorstellbar beeindruckt hat. Andererseits beschreibt es einen seelischen Zustand, in den wohl niemand von uns wirklich verfallen will. Eine klare Abgrenzung ist hierbei grundsätzlich die Voraussetzung. Doch so unglaublich es auch klingen mag – wer die Musik von ALAMAAILMAN VASARAT auf „Maahan“ hört, wird eines Besseren belehrt. Auf die eine wie die andere Weise erfolgt in dieser finnischen Band die Vereinigung des Begriffes: wahnsinnige Musik, die so klingt, als würde sie von dem Wahnsinn verfallenen Musikern gespielt.

Musik, die ohne Gitarren, dafür aber mit jeder Menge Streich-, Schlag- und Blasinstrumenten sowie einer Pump-Orgel auskommt. Trotzdem ist das keine Dixieland-Gute-Laune-Musik oder Oktoberfest-Bläserei, sondern der progressive Versuch, eine Verbindung zwischen Punk, Folk- und Weltmusik sowie Klezmer, Jazz und Psychedelic herzustellen. Verrückt?! Oder?!

Hätten KING CRIMSON sich jemals dafür entschieden, ein Album zu veröffentlichen, das ausschließlich auf die besagten Instrumente zurückgreift, dann hätte es ganz bestimmt so ähnlich wie „Maahan“ geklungen. Komplexe Härte, melodiöse Rhythmuslinien, ausufernde Experimentierlust, teuflischer Krach gegen himmlische Piano-Passagen und eine gehörige Portion Spaß und Wildheit beim Umgang mit dem vielfältigen Instrumentarium, das bis an alle vorstellbaren Grenzen ausgelastet wird. Mal wieder liegen Genie und Wahnsinn so unglaublich nah beieinander, dass es zwischen beiden gehörig knistert und man nicht weiß, ob nunmehr der Psychiater oder das Patentamt kontaktiert werden muss!

Wenn ich solche Musik höre, dann muss ich mich an meine gute alte Kindheit erinnern, in der ich so gerne Western geschaut habe. Oftmals gab es dort Szenen, in denen Cowboys oder Indianer ein schier unzähmbares Wildpferd einzureiten versuchten. Ähnlich erscheint die Musik der Finnen: wild um sich tretend, ungezügelt, orgastisch und sich gegen alles, was ihr Einhalt zu bieten versucht, auflehnend. Aber trotzdem trägt sie gewisse Zügel, die sie am Ende immer wieder auf alt bekannte Pfade zurückführt und zähmt, auch wenn der Schein von Ungezähmtheit aufrechterhalten wird. Wahnsinnige Musik eben, die wahnsinnig schwer zu beschreiben ist. Gerade das macht ja ihren Reiz aus!

FAZIT: Wenn man das Booklet von „Maahan“ durchblättert, dann darf man auf jeder Seite jeweils ein Ohr bewundern. Mehr geben die Musiker optisch nicht von sich Preis. Spätestens nach dem ersten Hören weiß man aber, dass man seinen eigenen Ohren kaum trauen kann, denn so etwas haben selbst die beiden angewachsenen Standard-Löffel noch nie gehört. Ein OHRgastisches Wahnsinnsgebräu, das die finnischen Cello-Landsleute von APOCALYPTICA wie Sandmännchens Gute-Nacht-Musik-Kapelle klingen lässt!

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.05.2011

Tracklist

  1. Maahan
  2. Kyyhylly
  3. Helmi Otsalla
  4. Luiden Valossa, Naapurin Talossa
  5. Huikeuden Lieriö
  6. Eläimet Huutaa
  7. Lumeen Nukkuneet
  8. Katkorapu
  9. Käärme Toi Ruton Kaupunkiin
  10. Rooman Ruumiit
  11. Elukka

Besetzung

  • Bass

    Jarno Sarkula

  • Keys

    Mikka Huttunen

  • Schlagzeug

    Teemu Hänninen

  • Sonstiges

    Jarno Sarkula (Saxophone, Klarinetten), Erno Haukkala (Trombone, Trompete, Sousaphone), Mikka Huttunen (Melodica), Marko Manninen (Cello), Tuukka Helminen (Cello)

Sonstiges

  • Label

    Nordic Notes

  • Spieldauer

    39:56

  • Erscheinungsdatum

    23.05.2007

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