„De mortui nil nisi bonum.“ - Rede nur Gutes über Tote. Darauf sei im Falle Seth Putnams, mit einem lauten „Fuck it! Hätte er sich 2004 bei seinem Suizidversuch doch nur noch mehr Zolpidem reingepfiffen!“ auf den Lippen, ein dicker, fetter, schleimiger, stinkender Haufen geschissen.
Sicher, es mag für Freunde und Familie des nach seinem Freitodversuch schlaganfallgeschädigten, eine Weile gar komatösen und im Juni 2011 mit 43 Jahren an einem Herzinfarkt verstorbenen ANAL CUNT-Oberhauptes eine tragische Angelegenheit gewesen sein, doch wer als Musikfan einen Musiker und Menschen verehrt, welcher mit einem seiner Projekte, nämlich VAGINAL JESUS – und nicht nur mit diesem –, rechtsextremen, homophoben, rassistischen, antisemitischen Gehirndung verbreitet hat und auch zuletzt mit Musikern aus eindeutigen braunen Kreisen zugange war, kann selbst nicht ganz klar in der Birne sein oder lacht sich auch dann kaputt, wenn auf der Straße ein Kind überrollt wird. Sollte sich jemand auf den Schlips getreten fühlen, so stelle ich mich gerne auch noch mit dem zweiten Fuß auf denselben. Manche Blitzbirnen behaupten ja sogar, das ganze Getue sei ja alles nur Parodie gewesen. Nee, ist klar, Auschwitz war dann wohl auch nur ein Fake und der Schicklgruber war Teil einer gescripteten Doku-Soap.
Momentchen, Mageninhalt nutzt seine Aufstiegsmöglichkeiten gerade gnadenlos aus.
So, jetzt geht‘s wieder.
ANAL CUNT sind nun also, nachdem sie sich (inklusive Interruptionen) in über zwei Dekaden mit unzähligen Releases einen zweifelhaften Ruf als Kultband erlärmt haben, ebenfalls tot, und eigentlich bestünde somit Grund zur Freude, wäre da nicht die posthume Leichenfledderei, die das Ende von Bands fast zwangsläufig mit sich zieht. Tolle Wurst. Bei „The Old Testament (1988 – 1991)“ handelt es sich um den finalen von der Truppe autorisierten Release, welcher auf zwei CDs verteilt sämtliche Demos, EPs, Split- und Samplerbeiträge, Livedokumentationen und Überbleibsel behinhaltet – dementsprechend noisy und lo-fi tönt dann auch alles, und es ist wirklich nur sehr schwer nachvollziehbar, aus welchen Gründen außer dem ach so schockierenden Image sich das zuletzt als Trio tätige Nanotalentkollektiv in mehr als zwanzig Jahren so etablieren konnte.
Selbst wenn Putnam eine ideologisch weiße Weste gehabt und der ganze eingangs genannte Mist nicht existiert hätte: Wo bleibt der Gehalt? In der Musik? In den Texten? In den ach so lustigen Songtiteln? Come on... Hoffen wir einfach, das war‘s dann. Da pfeife sich der Musikfan mit einem Mindestmaß an Intelligenz doch bitte lieber die ollen Kamellen von DEAD INFECTION, NAPALM DEATH und CARCASS rein, die musikalisch und zum Teil auch inhaltlich auch nicht gerade Sinn ergaben, deren Protagonisten aber wenigstens einen um ein Vielfaches höheren Intelligenzquotienten besitzen.
FAZIT: Schließen wir das Review so ab, wie wir es eröffnet haben, nämlich mit einem Zitat – dieses Mal mit einem, welches MAGRUDERGRIND anlässlich der Todesmeldung Putnams auf ihrem Facebook-Profil gepostet haben: „Great day for grindcore. Seth Putnam is dead.“
Punkte: 1/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.12.2011
Seth Putnam
Josh Martin
John Gillis
Relapse Records
135:14
22.11.2011