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Appearance Of Nothing: All Gods Are Gone

Stil: Progressive Metal

Cover: Appearance Of Nothing: All Gods Are Gone

„Eier! Wir brauchen Eier!“ Wir wissen leider nicht, auf welche Art von Musik Oliver Kahn, der ehemalige Torhüter des FC Bayern München, steht. Von diesem stammt das legendäre Eingangszitat, und für die Dicke der Eier, die APPEARANCE OF NOTHING da vor sich her tragen, gäbe es mit Sicherheit ein ebenso dickes Lob vom "Titanen". Angesichts solcher dicker Eier, die die Schweizer auf ihrem zweiten Album „All Gods Are Gone“ zur Schau stellen, würden andere jedenfalls schon nicht mehr richtig gehen können.

Die grundsätzliche musikalische Ausrichtung der Schweizer ist in die Schublade Progressive Metal einzusortieren. Aber nicht diese Art von Lulli-Prog, der in letzten Jahren so um sich gegriffen hat. Sanft, zart, säuselnd, wabernd? Vergesst es – hier gibt es ordentlich was vor den Ballon.

Im Grunde genommen stehen APPEARANCE OF NOTHING nämlich für das, was einst einmal wirklich progressiv war, nämlich das Erkunden von neuen musikalischen Territorien, das Ablegen von Scheuklappen. Und nicht für das Einfügen von zwölf Breaks in der Minute. Angefangen beim wahrhaften Monsteropener „The Mirror’s Eyes“ beginnt eine gut 49minütige Achterbahnfahrt der Gefühle. Besagtes „The Mirror’s Eye“ begeistert nicht nur durch einen monumentalen Refrain, sondern legt den Grundstein zu einem in weiten Teilen bärenstarken Album.

Die Schweizer schaffen es, unnachgiebige Härte und faszinierende Präzision zu vermengen, dabei aber nie die Melodie als verbindendes Element aus den Augen zu verlieren – siehe den melodischen Anfang von „Destination“, der Gänsehaut verursacht. Keyboardwände, vor denen auch sinfonische Black-Metal-Bands nicht Halt machen würden, türmen sich unter furiosen Double-Bass-Gewitterwolken auf. Um dann wieder von Akustik-Gitarren und Piano-Klängen aufgefangen zu werden.

Jahrhundertsongs wie „The Call of Eve“ jagen den Hörer atemlos mit hypnotischen Keys, melodischen Vocals, hymnischen Gitarrenleads und peitschenden Drums vor sich her, alles gewandt in ein modernes Soundgewand. Bei aller Zurschaustellung musikalischer Künste: Diese Band stellt man sich auf der Bühne nicht selbstverliebt und in sich gekehrt frickelnd vor, mit dem Bewegungsradius eines Bierdeckels. Sondern schwitzend, bangend, wild steilgehend. Einfach begeisternd, mitreißend.

Der Einsatz von zwei Sängern – Pat Gerber und Bassist Omar Cuna teilen sich die Vocals – macht sich durch und durch bezahlt, die emotionale Bandbreite auf „All Gods Are Gone“ wird so noch breiter. Auch Gastsänger Dan Swanö (EDGE OF SANITY) steuert ein paar Grunzeinsätze bei, was im Kontext des Albums bestens passt. Lediglich der Neunminüter „Sweet Enemy“, bei dem PSCHOTIC-WALTZ-Koryphäe Devon Graves die Leadvocals übernimmt, plätschert weitgehend höhepunktarm am Hörer vorbei.

FAZIT: Modern, hart, packend, zwingend, mitreißend: „All Gods Are Gone“ sei all denen ans Herz gelegt, die immer schon mal wissen wollten, wie DREAM THEATER oder SYMPHONY X klingen würden, wenn man sie durch einen Hightech-Fleischwolf drehen würde.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.01.2011

Tracklist

  1. The Mirror's Eyes
  2. 2nd God
  3. Sweet Enemy
  4. Destination
  5. The Call of Eve
  6. …I said Silence
  7. The Rise and Fall of Nothing

Besetzung

  • Bass

    Omar Cuna

  • Gesang

    Omar Cuna, Pat Gerber

  • Gitarre

    Peter Berger, Pat Gerber

  • Keys

    Marc Petralito

  • Schlagzeug

    Yves Lüthi

Sonstiges

  • Label

    Escape Music

  • Spieldauer

    48:16

  • Erscheinungsdatum

    21.01.2011

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