Mit „Solar Anus“ veröffentlichen die Norweger ÅRABROT bereits ihr fünftes Studioalbum. Produzent ist diesmal Steve Albini, der für seine Arbeit mit Bands wie NIRVANA oder den PIXIES bekannt geworden ist. Eine bewusste Wahl, denn dessen Vorliebe für schnörkellose Produktionen passt gut zum Sound des Duos. Die spärliche Instrumentation (Gesang, Baritongitarre, Drums) wird nur gelegentlich durch Tonbandeinspielungen und einen Hauch Elektronik ergänzt.
Musikalisch erinnern ÅRABROT hier in weiten Teilen an Sludge-Größen wie NEUROSIS, in schnelleren Passagen ein bisschen an die MELVINS, und vor allem atmosphärisch kommen einem die SWANS in den Sinn. Mal schleppende, mal treibende Rhythmik, schweres, dreckiges Riffing und der abwechslungsreiche Gesang von K:N – es wird gegrowlt, gekeift, geflüstert und sogar clean gesungen – drücken dem Album aber doch eine unverwechselbare Note auf. Schweißgebadet, aber unaufhaltsam, arbeiten sich die Norweger durch ihr Werk, das Nackenmuskulatur, Herz und Nieren einem regelrechten Belastungstest unterzieht. Von der ersten Sekunde an kracht und scheppert es, dass es eine wahre Freude ist. Kritik kann man allerdings an der kurzen Spieldauer von nicht einmal 40 Minuten üben – das soll manch anderer auch schon als EP veröffentlicht haben. Auf der anderen Seite bleibt die Scheibe so von vorne bis hinten spannend, Längen sucht man vergeblich.
Thematisch orientiert man sich großteils am französischen Schriftsteller Georges Bataille (und wer sich schlau macht, der weiß auch, warum). Konsequenterweise ist auch der Albumtitel Batailles' Werk entliehen. Als zentrales Motiv führt die Band selbst die Vereinigung der Gegensätze an, und dabei vor allem den des Schönen und des Hässlichen. Vielleicht lässt sich dadurch gar der Kirchenchor (ja, richtig gelesen) erklären, den man in „Auto Da Fe“ zu hören bekommt. Zwar ist "Solar Anus" mit Sicherheit kein Konzeptalbum, genauso wenig hat man es hier aber mit einer planlos drauflosscheppernden Kombo zu tun. So druckvoll, dissonant und rücksichtslos ÅRABROT auch daherkommen – das sind keine wahllos aneinandergereihten Riffs, sondern (zwar) einfache, aber durchdachte Songstrukturen. Das zumindest vage vorhandene Konzept hinter dem Album dürfte dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben, wenn auch nicht ohne Augenzwinkern: Wenn Sänger K:N dem Hörer fast mantraartig Zeilen wie „The Ass Had Spoken“ um die Ohren wirft, lässt sich ein Schmunzeln kaum vermeiden.
Anspieltipps möchte ich an dieser Stelle vermeiden – "Solar Anus" ist eines jener Alben, die ihre Wirkung erst als Ganzes entfalten. Wer unbedingt eine Kostprobe möchte, dem lege ich die erste Singleauskopplung „Madonna Was A Whore“ ans Herz.
FAZIT: Liebhaber von NEUROSIS, FÂNTOMAS, MELVINS oder SWANS werden mit der Platte sofort warm werden. Auch Fans härterer Metalspielarten könnten an dem dreckigen, schweren Sound Gefallen finden. ÅRABROT erfinden das Rad nicht neu, aber sie wissen es in eine ansprechende Form zu gießen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.08.2011
K:N
K:N
V:E
Fysisk Format
38:37
13.09.2011