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"Awaken The Guardian" ist für viele Metal-Liebhaber – inklusive des Rezensenten - eines der intensivsten und berührendsten Alben, die jemals aufgenommen wurden. Umso trauriger als 1987 im Anschluss an diesen Meilenstein Ausnahme-Sänger John Arch FATES WARNING verließ. Er wurde zwar durch den nicht minder großartigen Ray Alder ersetzt und die Band schuf in der Folgezeit auch weiterhin fantastische Musik, aber die Frage, wie sich die Dinge mit dem ursprünglichen Sänger entwickelt hätten, blieb für viele Jahre ungeklärt.
Bis im Jahr 2003 FATES WARNING-Mastermind Jim Matheos, ex-DREAM THEATER-Drummer Mike Portnoy, Joey Vera und John Arch, der sich bis dahin weitgehend ins Privatleben zurückgezogen hatte, die EP "A Twist Of Fate" veröffentlichten. Die beiden enthaltenen überragenden Longtracks klangen wesentlich moderner als Anno 86, aber die einzigartigen Gesangslinien von John Arch, die so lange schmerzlich vermisst wurden, waren wieder zu genießen und auch stimmlich hatte der Zahn der Zeit sein Organ offenkundig verschont. Anschließend wurde es dann aber wieder still um dieses Projekt.
Umso größer war dann die Vorfreude als im vergangenen Jahr verlautbart wurde, dass John Arch und Jim Matheos erneut gemeinsam Songs komponieren wollten und dies sogar auf ein komplettes Album hinauslaufen könnte. Der mittlerweile wieder zu FATES WARNING gestoßene Frank Aresti sollte ebenso beteiligt sein wie seine Bandkollegen Joey Vera und Bobby Jarzombek. Klar, dass dadurch auch Erwartungen in Richtung eines legitimen "Awaken The Guardian"- Nachfolgers geweckt wurden.
Nun hat das Warten ein Ende und "Sympathetic Resonance” steht in Kürze in den Regalen. Soviel vorweg: Das Album ist ebenfalls nicht auf die anbiedernde Reproduktion längst vergangener Zeiten ausgerichtet, sondern knüpft bereits mit den ersten Tönen von "Neurotically Wired" stilistisch an der "A Twist Of Fate"- EP an. Über den typischen Klängen von Matheos Akkustik-Gitarre schweben Meister Archs Gesangsmelodien, bevor – nicht zum letzten mal im Verlauf der folgenden 54 Minuten - fast schon brachiale Progressiv-Riffs das Kommando übernehmen. Die benötigen einige Durchgänge, bis sie ihre volle Sucht-Wirkung entfalten und lassen härtemäßig die letzten regulären FATES WARNING-Werk beinah schon harmlos erscheinen. Zuletzt klang die Gitarrenfraktion bei "Shades Of Heavnly Death" ("No Exit") so heftig. Unterstützt wird dieser Eindruck noch durch den Umstand, dass man Unterschied zur EP gänzlich auf Keyboards verzichtet. Nach etwa fünf Minuten kommen dann auch die "Awaken The Guardian"-Verehrer auf ihre Kosten. Der schlicht magische Refrain steht den Großtaten dieses Referenz-Albums qualitativ in nichts nach. So ist es kein Wunder, dass während der elf Minuten Spieldauer des Songs keinerlei Langeweile aufkommt. Doch es wird noch besser. Bei dem etwas kompakteren "Midnight Serenade” jagt dann eine Gänsehaut die nächste, hier stimmt einfach alles, vom großartigen Grundriff bis zum erneut überragenden Refrain. Besser kann man Musik nicht machen. Für mich so etwas wie der Hit auf "Sympathetic Resonance". Beim nächsten Beitrag mit Überlänge "Stained Glass Sky” geht es wieder etwas komplexer zu. Harte Riffs wechseln mit wunderschönen Melodien auf der akustischen Gitarre, dazu brilliert John Arch, dessen Stimme immer noch kein bisschen nachgelassen hat, selbst die hohen Passagen scheint er mühelos zu meistern. "On The Fence” wirkt im Anschluss etwas wuchtiger, Groove-betonter und verfügt über keinen ganz so erhabenen Höhepunkt wie die vorangegangenen Stücke, ist aber trotzdem eine starke Nummer. Im Gegensatz dazu geht mir die Gesangs-Melodie der treibenden Strophe von "Any Given Day (Strangers Like Me)" gar nicht mehr aus dem Kopf, während im weiteren Verlauf des Songs dann vor allem der Rest der Instrumental-Fraktion seine Qualitäten beweist. Was insbesondere Vera und Jarzombek an technischem Können präsentieren, ohne dabei in sinnlose Frickelei zu verfallen, lässt einen Großteil der werten Konkurrenz doch ziemlich alt aussehen. Das abschließende "Incense And Myrrh" startet schließlich als Ballade, steigert sich dann aber bis zu einen äußerst mächtigen Refrain, um das Album mit einigen ruhigen Tönen ausklingen zu lassen.
Am druckvollen und differenzierten Sound gibt es nichts zu beanstanden, die Covergestaltung steht hingegen etwas hinter den übrigen Vorzügen dieses Meisterwerks zurück.
FAZIT: Arch/Matheos ist es gelungen dem letzten gemeinsamen Album aus dem Jahr 1986 einen qualitativ ebenbürtigen, aber absolut zeitgemäßen Nachfolger zur Seite zu stellen. Trotz der modernen Ausrichtung werden die Fans der FATES WARNING-Früh-Phase sicher nicht enttäuscht sein. Sämtliche Beteiligten beeindrucken mit überragendem musikalischen Können und ebensolchem Songwriting. Insgesamt haben sie eine der stärksten Veröffentlichungen im Bereich Progressive-Metal überhaupt erschaffen und das Album des Jahres sowieso. Ob "Sympathetic Resonance” allerdings die Bedeutung des legendären "Awaken The Guardian”-Albums erreichen kann, wird erst die Zeit zeigen. Bisher jedenfalls wachsen die Songs noch mit jedem weiteren Durchlauf.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.08.2011
Joey Vera
John Arch
Jim Matheos, Frank Aresti
Bobby Jarzombek
Metal Blade / Sony
54:34
09.09.2011