Ein SAVATAGE-Shirt im Booklet? Nun ja, manche Unisono-Passagen gehen durchaus als Metal-light durch, doch ansonsten sind die Arbeitstiere BABY LOU - acht Jahre auf Deutschlands Bühnen sprechen für sich - ein buntes Gemisch aus allem, was Alternative zu einer ebensolchen und Musik an sich zu einer aufregenden Angelegenheit machen kann: Handwerkliches Geschick, sackweise Einfälle und keine Scheuklappen.
"Aqueduct" steht zu Beginn beispielhaft für das Rhythmusverständnis der Band: Man swingt, schwoft zu Reggae und feuert Hardcore-Energie ab, was auch zur Stimme von Korz passt, einem typischen Indie-Schnösel (vor allem im relaxten "The Future Plan"), dies aber aus Überzeugung und ehrlich emotional ohne Mache, zumal er der Ausdrucksfreudigkeit des instrumentalen Unterbaus in nichts nachsteht. "Smile for the Camera (Yes Sir)" böte sich abgesehen von den schrulligen VAN-HALEN-"Jump"-Keyboards als Single an, um die Massen zu erobern. Beatbox Experimente auf Lo-Fi-Elektro-Boden ("Mr. Woodworm") - kennt noch wer ATOM AND HIS PACKAGE? - stehen BABY LOU nicht einmal schlecht, obschon sie als verspielte Zappelphillips am besten klingen Die kräftigen Abräumer "Tennis" und "Hoist The Sails" gelten in dieser Hinsicht als virtuose Winks mit dem Zaunpfahl.
Mit dem schwelgerischen Postrock-Weichzeichner "The Airforce One Is Landing in My Bed" und dem überkandidelten Klatscher "The Smell Of Plastic" setzt man sich vollends zwischen alle Stühle. "Where Are Those Lifeguards When You Need Them" hingegen vereint schartige AT THE DRIVE-IN mit versöhnlichererm Konsens-Indie, wie ihn BILLY TALENT vor ihrer Stadionband-Werdung vom Besten spielten, was in "The New Dress" eine eingängige Steigerung erfährt. In den seltenen ruhigen Momenten klingt Korz übrigens stark nach Conor Oberst, insbesondere im verhuschten Abschluss "The Old Fire".
"Fresh Water In A Dirty Glass" spricht als Albumtitel für sich selbst: Alter Schmutz wird mit frischer Spielfreude aufbereitet, Songs und Gefühle stimmen, und die Assoziationen sind mannigfaltig, ohne richtig zu greifen: Post-Punk, als er noch für Schrankenlosigkeit stand und kein Modegenre war, oder College Rock, als er noch seine Zähne zeigte.
FAZIT: BABY LOU schillern vor Originalität und Energie und suchen damit nicht nur in Deutschland als akustische Schnittmenge von - ja was eigentlich? - vielleicht JIMMY EAT WORLD und REFUSED ihresgleichen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.10.2011
Marco Korz
Marco Korz
Lou Pod
Oliver Jungmann
141 Records
37:05
14.10.2011