Dass BENJAMIN LEUSCHNER und MATTHIAS GOEBEL Könner an ihren Instrumenten sind, hört man mit fast jeder Note. Dabei brauchen sie gar keinen Hochgeschwindigkeitsreigen, sondern zeigen sich als passgenaues Duo, das die eher leisen Klänge präferiert. Vibraphon, Marimba, Schlagzeug, ein bisschen zusätzliche Percussion und beim Opener „winter’s embrace“ „live-electronic“ im Hintergrund, gespielt von Kai Angermann, mehr gibt es auf two/one nicht zu hören.
LEUSCHNER & GOEBEL bewegen sich, dezent improvisierend, zwischen Jazz und neuer Klassik. Ihre Bearbeitungen sind durchaus beachtlich, vor allem der mediterrane Sonnentanz der beiden Gitarristen AL DI MEOLA und PACO DE LUCIA ist erstaunlich gut übertragen worden. Aber auch STEVE REICH, ASTOR PIAZOLLA und CHICK COREA werden neue Facetten abgewonnen. Doch bleibt der Opener, was Stimmung und Abwechslungsreichtum angeht, das Maß des Albums. Hier fühlt man sich an die entspannte Grandezza und Melancholie GARY BURTONs erinnert. Das nachfolgende „meditarrenean sundance“ hält dieses Level, vor allem als stimmige Bearbeitung; danach verliert sich „two/one“ ein wenig in recht eintönigen Klängen. Das ist teils den minimalistischen Vorlagen geschuldet (STEVE REICHs „nagoya marimbas“), liegt aber auch an der gelegentlichen Restriktion rein auf’s Schlagzeug. U.a. beim längsten Stück „cadance“ von David Pape. Filigran und sauber eingespielt ist die Musik fraglos, auf der Bühne mag das Ganze auch ganz spannend wirken; vorm CD-Player gehört, bleibt einfach nur zu langes Getrommel ohne großartige Höhepunkte übrig. Wird zwar aufgefangen vom folgenden „armando‘s rhumba“, im Original von CHICK COREA. Spätestens hier sehnt man sich dann nach dessen Kollaborationen mit dem eben schon erwähnten GARY BURTON.
Dass das zweitlängste Stück „stratford road“ weniger nach England als in die Peking Oper verweist, ist zwar ein netter Verfremdungseffekt, der allerdings ohne Drachen und bunt geschminkte Schauspieler, die sich tänzerisch-kämpfend über die Bühne bewegen, im großen Reich des Kling und Klong beiläufig verpufft.
Für angehende Schlagzeuger und Percussionisten mag „two/one“ eine packende Lehrstunde sein, wer zur Untermalung einer Vernissage den passenden Soundtrack benötigt, dürfte ebenso fündig werden. Doch zum konzentrierten Hören der kompletten 76 Minuten braucht man eine Menge Geduld und viel gute Laune. Oder die Erinnerung an eine Zeit, als Langeweile noch eine Herausforderung war.
Klanglich ist „two/one“ allerdings ein uneingeschränktes Highlight.
FAZIT: Neue Anlage? Neue Boxen? Gerade geliefert, abgeholt oder kurz vorm Kauf? Dann ist „two/one“ die perfekte Test-CD. Was Auflösung, Neutralität, Präzision und Bassgenauigkeit angeht, ist das in der Immanuels Kirche in Wuppertal aufgenommene Album eine Herausforderung ans Equipment. Auch und besonders für Vergleiche zwischen diversen Lautsprechern geeignet. Der gelehrige Schlagwerksschüler darf sich ebenfalls an BENJAMIN LEUSCHNERs und MATTHIAS GOEBELs Gemeinschaftsproduktion erfreuen.
Non-Percussion-Aficionados wie der Rezensent werden mit „two/one“ indes nicht besonders glücklich. Bis zum nächsten Boxen-Check.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.10.2011
Benjamin Leuschner, Matthias Goebel
Benjamin Leuschner, Matthias Goebel, Kai Angermann (1), Uwe Fischer-Rosier (8)
Jazzsick Records/in-akustik
75:57
14.10.2011