Das Artwork ist einfach gehalten. Sehr viel Weiß und wenige Bleistiftzeichnungen. Ein Vogel auf einem Ast. Ein Mädchen, das in die auf- oder untergehende Sonne blickt. Bedenkt man die Stimmung, die „Without The World“ verbreitet, müsste das flammende Gestirn sich eigentlich zur Nachtruhe begeben … oder vielleicht doch nicht? Das Debütalbum der Neuseeländerin lässt sich stimmungsmäßig ebenso schwer verorten, wie es sich stilistisch einer bestimmten Einordnung entzieht. Im Zentrum steht die warme, zerbrechliche Stimme der Sängerin, die wie Gedankenfetzen durch den Tag treiben. Das Instrumentarium erschafft keine wiederkehrenden Marksteine, bietet keine Orientierungspunkte im Bewusstseinsstrom. Ein paar einsam gezupfte Gitarrensaiten hier, einige entrückte, glockenklare Traumtöne dort und auch dezente Drone-Einflüsse, die sich mit Aufnahmen von gedämpftem Straßenverkehr und Wind zu etwas Surrealem vermengen. Erinnerungen, Wahrnehmungen und Empfindungen schweben hier durch den Äther. BIRDS OF PASSAGE praktizieren jedoch keine Avantgarde-Musik für Kopfmenschen. Alicia Merz Stimme nimmt mit ihrer träumerisch-nachdenklichen Ausdruckskraft den Hörer an die Hand und stößt ihn nicht vor den Kopf mit unverdaulicher, abstrakter Kunstmusik.
FAZIT: Minimalistisch und zutiefst intim nehmen BIRDS OF PASSAGE den Hörer mit auf eine Gedankenreise, die in ihrer Reduktion auf das Wesentliche ein äußerst intensives Hörerlebnis darstellt. Wer von jedem Stück halsbrecherische Kehrtwenden und stilistische Experimente erwartet, wird mit dem Album nicht glücklich, wer aber bereit ist, sich der im positiven Sinne einlullenden Stimmung dieses Werks hinzugeben, der wird seinen Freude haben „Without The World“.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.03.2011
Alicia Merz
Alicia Merz, Bruno Merz, Allan Richards
Denovali Records
51:07
18.03.2011