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Central Park: Reflected

Stil: Progressive Rock

Cover: Central Park: Reflected

Mit allerlei Zischen und weiblichem Sprechgesang muten CENTRAL PARK sich ein wenig Moderne zu, nachdem sie den Opener halb stimmlos verklingen gelassen haben. Der Rhythmus ist dabei nicht unfunky, was der anhaltend bedrückenden Atmosphäre ihres ambitionierten aktuellen Albums "Reflected" nicht zuwiderläuft.

Bei "Free Fall" klingt die Gesangsstimme so erotisch wie ein verkrusteter Betonmischer - ein kleiner Makel, dessen sich die Frontelfe mit der kräftigen Stimme auch im weiteren Verlauf der Scheibe nicht immer erwehren kann.
"White Princess" gerät leichtfüßiger und schließt einen rein instrumentalen Abgang an. Man möchte eine psychoanalytische Praxis für Progger eröffnen angesichts des vorherrschenden Themas Kindheitserinnerungen beziehungsweise -traumata. Andererseits klingt dies bei Altehrwürdigen wie CENTRAL PARK weit glaubwürdiger als bei jungen Hüpfern, die noch kaum etwas erlebt haben. "vision" nimmt sich eines der großen Themen an (beruhend auf einem Gemälde von Aniela Adams), indem es den Kassandra-Mythos in die Jetztzeit zu überführen sucht, soweit der Rezensent das am Text festmachen kann. Ein hörspielartiger Dialog zu Anfang, dann riffiger Rock mit eindringlichem Gesang … Die Chose ist traditionell dreiteilig und geht als erwartetes Highlight der Scheibe durch. Wirklich zwingende Kurztracks schreiben wenige Progbands; da sind die Epen zumeist besser, so auch hier.

Im Vergleich zu den ELOYs oder unzähligen wieder und oft fragwürdigerweise hippen Krautrockern galten CENTRAL PARK schon beim ersten Anlauf eher nur unter Insidern etwas, da sie es ihren Hörern nicht mit allzu Offensichtlichem leichtmachten. "Awakening" gibt sich gelöst zum Ende hin, nimmt quasi das Finale der Platte vorweg, das dann jedoch ziemlich balladesk ausfällt - ein weiterer Beweis für die Unberechenbarkeit einer Gruppe, die es versteht, ohne krampfhafte Neuerungen spannenden Stoff aus bekannter Materie zu weben.

FAZIT: "Reflected" klingt eben so: überlegt und sich jahrelanger Erfahrung im Rücken sicher. CENTRAL PARK bringen sehr viel Unerwartetes, aber nicht vollkommen Verdutzendes auf den Gabentisch - aber auf gar keinen Fall Dutzendware. Wer eine etwas andere Progband (ja, eine um einen eigenen Stil bemühte und keine Idolen-zu-Kreuze-Kriecher) hören will, könnte direkt vor der bundesdeutschen Haustür fündig werden. Sitzt man wie CENTRAL PARK in der zweiten Reihe, überblickt man das Genre besser, ohne mit dem Kopf durch die Mattscheibe zu gehen, weil man die Szene (!) vorbehaltlos geil findet …

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.01.2011

Tracklist

  1. Guns R Us
  2. Free Fall
  3. White Princess
  4. Another Part
  5. Vision
  6. Doom (Winterstorm)
  7. Awakening
  8. Path of Mercy
  9. The Last Tear

Besetzung

  • Bass

    York von Wittern

  • Gesang

    Jannine Pusch

  • Gitarre

    Hans Ochs

  • Keys

    Jochen Scheffter

  • Schlagzeug

    Artur Silber

Sonstiges

  • Label

    Rockville / Soulfood

  • Spieldauer

    63:32

  • Erscheinungsdatum

    21.01.2011

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