Wer hier an Metal im Fahrwasser von BLIND GUARDIAN denkt, ist ganz, ganz schief gewickelt. Davon losgelöst darf man "Tales" entweder als schmucke Alternative zu BLACKMORE'S NIGHT sehen oder - gleichwohl zu Unrecht - in die Plastik-New-Age-Kiste stopfen.
Der Pole Mariusz Migalka hat mit einer Reihe Aushelfsmusiker ein teilweise geradezu kommerzielles Akustik-Album eingespielt, das sich keiner speziell auf eine bestimmte Erdregion zugeschnittene Folk-Gattung widmet, sondern gewissermaßen unverbindlich Fantasy-bezogene Texte in einen musikalisch lauschigen Kontext stellt. Der Vergleich zu ungleich progressiveren Konsorten wie BO HANSSON verbietet sich trotz des vorwiegend auf dieses Genre zugeschnittene Labels von CIRCLE OF BARDS also von vornherein. Die Texte sind flach wie eh und je, wenn sich jemand in diesem Bereich nur oberflächlich in eigener Lyrik ergeht, doch die Lieder stimmen. Migalka geht nicht ohne aufbrausende Leidenschaft vor, leider nur selten so überzeugend wie in "My magic song". Dabei beschränkt er sich dankenswerterweise nicht auf schunkelige Leutseligkeit wie der olle Ritchie, und wenn es rhythmischer zur Sache geht wie während "Scarlet moon", verzichtet er ebenfalls zum Glück auf den Plastikkollegen zum Taktschlagen. Überhaupt darf man "Tales" einen wiewohl geschliffenen, aber dennoch naturbelassenen Sound attestieren, der sich speziell beim Pfeifer "Our own land" auszahlt. "Bridges we shall pass" flötet zunächst und hopst dann als agiler Wandersong hinterher.
Ehrlich: Das Projekt umschifft den Kitsch stets ganz knapp, gebietet etwaiger Gleichförmigkeit jedoch allein schon mit dem reichhaltigen Instrumentenpark Einhalt, auf welchen Migalka sich beruft. "Czarne smoki" zeigt dann aber auf, wie viel authentischer er seine Gefühle muttersprachlich an den Mann bringt. Abgesehen von dem Cheapo-Cover: Weshalb nicht durchweg auf polnisch, Kollege?
FAZIT: Drachen und Minnesang-Klischees einmal beiseite: CIRCLE OF BARDS sorgen eine gute halbe Stunde lang für akustische Kurzweil, der man angesichts allgegenwärtiger Zuckrigkeit - zumindest in Gestalt eines leichten Überzugs - allerdings nichts von originalgetreuem Folk zugestehen möchte. Wem das genügt, der darf mit grüner Strumpfhose und Klampfe nach Polen ambulieren (nein, nicht einmarschieren).
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.02.2011
Mariusz Migalka
Mariusz Migalka
Electrum
33:50
21.01.2011