Die DEAD GUITARS haben sich seit „Flags“ konsolidiert (die Besetzungshistorie ist in der entsprechenden Rezension zu finden) und veröffentlichen mit „Stranger“ bereits das dritte Album. Zwei Jahre sind vergangen, andere Projekte, Bands, berufliche Aufgaben forderten ihr zeitliches Tribut, doch das merkt man „Stranger“ nicht an. Ein wieder weiter gereiftes Werk, abwechslungsreich und doch homogen.
In Stücken bis teilweise zehn Minuten Länge zelebrieren die DEAD GUITARS jene Melange aus New Wave, Shoegaze, Dream Pop und einer gehörigen Portion Psychedelic, die schon auf „Airplanes“ verdammt gut klang und sich über „Flags“ zu „Stranger“ weiter entwickelte. Vorwiegend dunkel, melancholisch und doch von gelegentlich flirrender Leichtigkeit wie auf der ersten Single „Mesmerized“, das die Schwierigkeiten des Zusammenseins und –bleibens beschwört; zu zweit und manchmal auch allein: „I can’t be with you, All of the time; I can’t be with me“. So knapp so gut. Ebenfalls mit (Indie)-Hitpotenzial der hochmelodische und konzentrierte Start „Love Goddess & The Love Ghost“ sowie das unwiderstehliche „Along the Great Devide“ („Divide“, dem Fehlerteufel geopfert), das sich den Luxus gönnt, das Tempo zu drosseln, fast anzuhalten und zu beobachten, was um einen herum passiert. Völlig unpeinlicher Mitsing-Refrain inklusive.
Obwohl der frühere THE CURE-Bassist Michael Dempsey „From The Top Of The World“ am Bass und Klavier begleitet, ist das epische „Fade Away (Theme For Dead Cities)“ das eigentliche CURE-Lied des Albums. Hier gelingt es der Band, gerade zu Beginn an „Seventeen Seconds“ und „Faith“ zu erinnern und trotzdem völlig eigenständig zu klingen. Das liegt an Carlo Van Puttens Stimme, die so gar nichts mit Robert Smiths hellen Hilfeschreien vor dramatischer Kulisse zu tun hat, und an der fast krautrockig-zeitlupenhaften Atmosphäre, mit der sich der Song vorantastet, bevor er als Ambient-Musik für sterbende Industrielandschaften endet.
Eigenwillig gewählt, aber innig umgesetzt ist die Coverversion von NEIL DIAMONDs „And The Singer Sings His Song“, die Van Putten mehr haucht als singt. Sanft, akustisch und eindringlich passt auch der alte Herzensbrecher DIAMOND (der besonders in den letzten Jahren formidable Musik veröffentlichte, die man ihm gar nicht zugetraut hätte) ins Konzept.
Zum Ende gibt es noch ein entspanntes Liebeslied ohne Drums (You & I) und das opulente „Three Words For The Lovers“, das als langsamer Country Swing beginnt und sich zur streicherumwölkten Liebeshymne mit Schülerchorbegleitung steigert. Ohne je in Stadion-Rock- Attitüden auszubrechen.
„Stranger“ glänzt durch Zurückhaltung an den richtigen Stellen; hier werden keine brüchigen Beziehungsgeflechte mit der geballten Faust zerschmettert, stattdessen treffen sich Trauer und vorsichtiger Optimismus zum Stelldichein unterm mitternächtlichen Sternenhimmel. Kein Album, das dich mit geballter Kraft anspringt, sondern das sich langsam anschleicht, sogar Ruhepausen gönnt, um sich dann umso tiefer festzukrallen. Songs, die das Radio spielt, zu dem einen JOY DIVISION zum Tanz auffordern.
FAZIT: Ein herbstzeitloses Herbstalbum. „Strike The Match – Fire To The Soul“ – besser kann man „Stranger“ kaum umschreiben.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.09.2011
Sven Olaf Dirks, Michael Dempsey (4)
Carlo van Putten, Crystin Fawn, I. v. Webb
Peter Brough (acc.), Ralf Außem, H.G. „Hasi“ Haas (11)
Michael Dempsey (4), Thomas Kessler (10), Georg Sehrbrock (11), Pete Brough
Patrick Schmitz
Colin Drummond (4), Ralf Außem, Suzana Bradaric (4)
Silverbird Musik
72:46
16.09.2011