Fans der etwas spezielleren Bands aus dem Extremmetal-Sektor dürften es bereits sehnlichst erwartet haben, das dritte Album der Slowenen DEKADENT. Und so floskelhaft es sich auch lesen mag: Das Warten hat sich mehr als gelohnt. Das edle Debüt „Manifestation Of Seasonal Bleeding“ war noch eine äußerst heterogene Angelegenheit und stellte durch seine sehr duale Produktion – einerseits recht kratzig-fiese Gitarren, andererseits weiche Keyboardflächen – für den Bequemhörer manchmal eine Herausforderung dar. Der Nachfolger „Deliverance Of The Fall“ überraschte danach mit seinem sehr hochglänzenden, bombastischen Sound, seiner stilistisch eher aufgeräumten Ausrichtung, seiner Epik, vor allem aber war die auf der zusätzlichen DVD enthaltene Visualisierung des gesamten Albums ein außergewöhnliches Unterfangen.
Der aktuelle Langspieler wiederum ist stilistisch irgendwo zwischen diesen beiden Werken zu verorten, ohne dass sich die Kreativität des Masterminds Artur Felicijan in erschöpftem oder repetitivem Zustand befände. Auf „Venera: Trial & Tribulation“ wurde das Tempo deutlich angezogen, zumindest hinsichtlich der Gesamtheit des Albums – fast kann man sagen, DEKADENT waren noch nie heftiger und aggressiver. Allerdings sind auch die Positivität versprühenden Dur-Akkorde und -Melodieläufe wieder deutlich in den Vordergrund gerückt - sozusagen das Haupttrademark, welches die Band seinerzeit erst aus der Masse empor hob. Dunkle Atmosphäre kommt hingegen nur noch selten auf, stattdessen wohnt den Kompositionen eine majestätische Erhabenheit, erhebende Schönheit und diese lebensbejahende Energie inne. Keine zerstörerische Raserei, sondern rasende Lebenslust. Keine Wut, aus der heraus negative Gewalt ausgeübt wird, sondern etwas niedergerissen wird, um an dessen Stelle noch Besseres zu setzen.
Die Produktion des Neuwerkes ist so transparent geblieben wie auf „Deliverance Of The Fall“, doch gleichzeitig wirken die harten Passagen um einiges rauer und derber, was einen angenehmen, an das Debpt erinnernden Kontrast bildet – nur eben anders gelagert. Dies erlaubt auch Neuerungen im Bandsound: Neben deutlich mehr Knüppelei inmitten des Schönklangs und der teilweise seltsame Assoziationen an DEVIN TOWNSEND weckenden Harmonien darf sich der Hörer auf manchmal fast rockige Parts, pervertierte Folkzitate und manchmal beinahe an THE POLICE erinnernde Riffs („Providential Love“) freuen.
FAZIT: DEKADENT begehen nicht den Fehler, sich schon frühzeitig auf den sicheren Pfad zu begeben und sich somit selbst zu reduzieren, sondern meistern es, Selbsttreue, Mut und Qualität zu vereinen, was für die Zukunft viele Weggabelungen ermöglicht.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.03.2011
Naur
Artur Felicijan
Artur Felicijan, Gajwasz
Typh
Artur Felicijan (FX)
G Music
53:07
25.02.2011