"Verlorene Zeit", das dritte Album des Projekts ELLIPSE, zeigt das Dilemma, in dem sich die düster-elektronische Musik derzeit befindet, prima auf. Man braucht lediglich einen leistungsfähigen PC und die entsprechende Software, um gut klingende Musik aufzunehmen und mit ein bisschen Glück findet man eine Plattenfirma, die das dann auch noch veröffentlicht. Echozone, hier mit seinem Unterlabel Körperschall Records vertreten, ist so eine Firma, die leider zu viel substanzlose Releases auf den eh schon überfüllten Markt wirft.
Dazu zählt auch "Verlorene Zeit". Standard-Preset-Sounds aus dem Synthie- und Future Pop treffen auf ebenso gewöhnliche Rhythmen, dazu erklingt weitestgehend ausdrucksloser Gesang. Zwar ist Massimo, der Mensch hinter ELLIPSE, darauf bedacht, ein bisschen Abwechslung in den Gesang zu bringen, doch weder der Sprechgesang, noch die aggressiveren Passagen, noch die mit melodischen Gesangslinien können überzeugen oder sich nachhaltig festsetzen. Gleiches gilt für die Gastbeiträge einer gewissen Serathina, im Refrain zu "Bleib bei mir" rollen sich angesichts ihres schiefen Geträllers dann auch die Fußnägel hoch. Der Song selber ist der bedauernswerte Versuch, ein bisschen wie THE SISTERS OF MERCY zu "Vision Thing"-Zeiten zu klingen, zumindest das Gitarrenriff deutet das an. A propos Gitarren: die werden immer wieder in die Songs eingebracht, allerdings harmoniert das aufgesetzte Geschrammel mit einfachsten Discountriffs überhaupt nicht mit den elektronischen Elementen. Doch damit leider nicht genug, denn zu allem Überfluss werden die Songs immer wieder mit orchestralen Elementen überfrachtet, was ihnen wirklich nicht gut tut. ELLIPSE wollen viel zu viel, sind aber nicht in der Lage, das musikalisch umzusetzen.
Weiterer Schwachpunkt sind die langatmigen und langweiligen Arrangements, die Songs werden grundsätzlich und völlig unnötig auf mehr als fünf Minuten gezogen, im Falle von "Herzwalzer" dehnt man das gar auf acht Minuten aus. Leider haben die meisten Songs aber kaum Substanz, um mehr als dreieinhalb Minuten sinnvoll zu füllen. "White Angel" klingt im Refrain nach einer BLUTENGEL-Nummer, "Ich weiß nicht mehr wer ich bin" verirrt sich musikalisch in Belanglosigkeit und erst das mit einem recht düsteren Experimentalteil versehene "Feeling To Feel Nothing At All" kann ansatzweise überzogen und lässt auf Besserung hoffen. Doch weit gefehlt, denn mit Orchestersounds, Gitarren, Sitar, Horrorfilm-Sounds und diversen Gesangseffekten ist "Zeitmaschine" hoffnungslos überladen. Der bereits erwähnte "Herzwalzer" beginnt als solcher, entwickelt sich später zu Billig-Electro weiter und hat einen Text zu bieten, der zeigt, wie unkreativ und einfallslos man mit der deutschen Sprache umgehen kann. Und ist damit kein Einzelfall. Man fragt sich auch, was slawische anmutende Folklore-Elemente in der TV-Kritik "Wir schaun uns dumm" zu suchen hat.
FAZIT: Nomen est omen und deshalb ist der Albumtitel durchaus als Warnung zu verstehen.
Punkte: 5/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.12.2011
Körperschall / Echozone / Bob-Media
65:58
11.11.2011