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Fleshgod Apocalypse: Agony

Stil: Symphonic Extreme Metal

Cover: Fleshgod Apocalypse: Agony

Dass diese südeuropäische Band ein unglaubliches Potenzial besitzt, war spätestens ab dem 2009er Debütalbum „Oracles“ klar, und auch die letztjährige „Mafia“-EP zeigte die wahnsinnigen Italiener um Paolo Rossi, welcher auf letzterem Release erstmals auch klare, heroische Falsett-Vocals einsetzte, in Topform. Den Braten haben wohl auch der DMIS (Donzdorf Metal Investigation Service), deren Special Agent Staiger und seine Ermittler und Forensiker gerochen und die Buben gleich verhaften lassen. Die Beweislage war eindeutig.

FLESHGOD APOCALYPSE gehen ihren eingeschlagenen Weg - gen noch mehr Klassik-Kawumm, weg von den US-amerikanischen Vorbildern - auf dem zweiten Album unbeeindruckt weiter und verfeinern ihr fieses Gemisch aus brutalstem, hyperschnellem Extrem-Metal, symphonisch-bombastischer Klassik und Komplexität (man höre nur mal die unfassbare Intensität und den Irrsinn in „The Violation“ ab 1:30 an!), verkommen dabei allerdings niemals zur Selbstkarikatur. Letzteres konnte man ja durchaus befürchten, wenn man sich die rapide Entwicklung der Band vor Augen führt.

Im Gegensatz zum „Song“-orientierten Vorgängeralbum gehen die ersten neun „Agony“-Tracks nahtlos ineinander über, was bedeutet, dass wir es hier mit einer groß angelegten, knapp 45-minütigen Brutalo-Symphonie zu tun haben. Lediglich der Titeltrack fungiert als für sich stehender, ausschließlich aus Klavierspiel bestehender musikalischer Epilog.

Dachte man, die erst 2007 gegründete Band hätte bereits alles gesagt, hat man dieses Werk hier noch nicht gehört, denn hier ziehen FLESHGOD APOCALYPSE schlichtweg alle Register – und noch einige ungeahnte dazu.

Wären Stravinsky, Grieg, Mussorgsky und die ganzen Anspruchs-Klassikkomponisten Headbanger, dann würden sie sich bei diesem Quintett wahrscheinlich pudelwohl fühlen. Statt die Klassik aber nur als Beiwerk zum metallischen Geknüppel beziehungsweise den Metal nur als Untermalung der symphonischen Komponente zu nutzen, verfließt hier alles ineinander und wird hochintelligent miteinander verflochten. Und egal, ob infernalisch geblastet, ohrfeigengleiche Breaks verzapft oder wuchtig im Midtempo gewildert wird; wurscht, ob besessen geschrien, gegrowlt oder hochfrequent gesungen wird; schnurz, ob die Gitarren oder das „Orchester“ einfach mal pausieren: Stets steckt eine Dramatik und Spannung in diesem Werk, die einen in ihren Bann zieht. So, als sei die Musik ein Strudel, dessen Sog zu entkommen unmöglich ist.

Steigerungen wie im bereits erwähnten „The Violation“ oder dem vorletzten Track „The Oppression“ pressen dem Hörer die Luft aus den Lungenbläschen, und auch die fast als prometheisch zu titulierende Produktion trägt ihren Teil dazu bei, dass man beinahe schockstarr, mit weit aufgerissenen Augen und ebensolchem Mund dasitzt und die Kinnlade nicht mehr in ihre Ausgangsposition bekommt.

FAZIT: Anstatt nun das Grande Finale der Superlative einzuläuten und mich komplett der Lächerlichkeit preiszugeben, bevorzuge ich, an dieser Stelle einen Schlussstrich zu ziehen und dem Hörer meine Euphorie weiterzugeben.

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.08.2011

Tracklist

  1. Temptation
  2. The Hypocrisy
  3. The Imposition
  4. The Deceit
  5. The Violation
  6. The Egoism
  7. The Betrayal
  8. The Forsaking
  9. The Oppression
  10. Agony

Besetzung

  • Bass

    Paolo Rossi

  • Gesang

    Tomasso Riccardi, Cristiano Trionfera, Paolo Rossi, Francesco Paoli

  • Gitarre

    Tommaso Riccardi, Francesco Paoli, Cristiano Trionfera

  • Keys

    Francesco Ferrini

  • Schlagzeug

    Francesco Paoli

Sonstiges

  • Label

    Nuclear Blast

  • Spieldauer

    47:58

  • Erscheinungsdatum

    19.08.2011

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