Nachdem Appetizer in Form der „Compilation Vol. 5: 1999-2009“ haben sich Herr Morbid und seine Jungs nun endlich zum Release des neuen nunmehr fünften Studioalbums durchgerungen. Wer den Werdegang der Band ein wenig verfolgt hat, sollte wissen, dass die Band maßgeblich durch KATATONIA zu ihrer „Brave Murder Day“ & „Sounds Of Decay“- Phase beeinflusst ist. Ein Fakt, den die Italiener inzwischen nur noch ungern hören, aber bereits die ersten Noten des Openers 'Reject Existence' machen klar, dass dieser Sound inzwischen einfach zu FORGOTTEN TOMB dazugehört und nicht mehr wegzudenken ist.
Umso verständlicher, dass die Band versucht, sich aus diesem Schatten zu lösen und etwas völlig Eigenständiges zu erschaffen. „Under Saturn Retrogade“ ist in seiner Vielseitigkeit ein Spiegel dieser Zerrissenheit: noch nie zuvor war ein Album vielschichtiger, überraschender und weniger homogen. Beginnt der Opener noch in klarer FORGOTTEN TOMB-Manier und könnte glatt Nummern wie 'Disheartenment' oder 'Solitude Ways' das Wasser reichen, wandelt 'Shutter' dann schon mit Klargesang und recht schrägem Riffing auf ganz anderen Pfaden. Insbesondere der Schluss des Tracks wirkt extrem konstruiert, geht Richtung Stoner Rock der Marke ALABAMA THUNDERPUSSY und will so gar nicht ins Bild passen.
'Downlift' dagegen fügt sich wieder nahtlos ins Bild guter alter Tage ein und über die coole Version des THE STOOGES-Klassikers 'I Wanna Be Your Dog' sollte man nach den Covern auf der 10-Jahres-Kompilation nicht allzu verwundert sein. Auf dem anschließenden 'Joyless' wird wieder experimentiert: gesanglich und auch musikalisch stark an TYPE O NEGATIVE angelehnt und für Bandverhältnisse seltsam positiv. 'Under Saturn Retrogade' geht dann wieder kräftig nach vorn und besitzt einen ziemlich starken Black-Metal-Touch...
FAZIT: „Under Saturn Retrogade“ ist ein sehr durchwachsenes Album. Die Band versucht sich an vielem, landet bei ihrem Experimentieren oft im Nirgendwo und lässt einige Fragezeichen offen. Die klare rote Linie fehlt und man verliert sich auf der Suche nach der neuen Identität in musikalischen Sphären, die sich so gar nicht mit dem Nihilismus FORGOTTEN TOMBs verbinden lassen. Das Album ist ganz klar ein Schritt nach vorn und auf jeden Fall hörenswert, aber es ist sehr klar auszumachen, dass die Kapelle noch lange nicht am Ende ihrer Reise angelangt ist. Umso weniger verwunderlich also auch, dass die authentischsten Songs genau die sind, von denen man weg will: denn auf 'Reject Existence' oder 'Downlift' wird nicht krampfhaft versucht, anders zu sein, sondern einfach das gemacht, was man immer schon am besten konnte: zu klingen wie KATATONIA zu ihrer besten Zeit.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2011
Algol
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Herr Morbid, Razor SK
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50:48
29.04.2011