Zurück

Reviews

Glass Hammer: Cor Cordium

Stil: YES im Glas(Hammer)-Haus

Cover: Glass Hammer: Cor Cordium

Also holen wir ihn wieder einmal heraus – unseren GLASS HAMMER, der eigentlich YES HAMMER heißen müsste!

Seit Jahren gelten die epischen Soundtüftler aus Amerika als so eine Art moderne YES im traditionellen 70er-Jahre-Gewand. Und auch mit „Cor Cordium“ ändert sich an diesem Eindruck nicht das klitzekleinste Böhnchen. Im Grunde genommen ist bei dieser musikalischen Ausrichtung die größte Entdeckung überhaupt der Sänger JON DAVISON. Der Mann hat nicht nur den gleichen Vornamen wie Mr. J. ANDERSON, sondern auch eine gänzlich identische Stimme. Das ist unfassbar, aber bereits der erste Song macht klar, dass nicht BENOIT DAVID die Idealbesetzung für die „neuen“ YES wäre, sondern die GLASS-HAMMER-Stimme!

Nichts Neues also aus dem Hause GLASS HAMMER, auch wenn ab und zu mal die Türen zu EMERSON LAKE & PALMER oder GENESIS aufgestoßen und dann ganz schnell wieder geschlossen werden.

Aber es gibt auch Höhepunkte!
Eingeleitet mit einem akustischen Gitarren-Intro beginnt der traurigste und zugleich schönste Song von „Cor Cordium“. In „Dear Daddy“ spricht ein Sohn mit seinem toten Vater und offenbart ihm, was aus seiner Sicht alles zwischen ihnen zu Vaters Lebzeiten absolut schief gelaufen ist – und erst der Tod ihm klar machte, dass sie beide doch „große Freunde“ waren, auch wenn diese Erkenntnis viel zu spät kommt. Die Musik dazu erinnert unglaublich stark an YES' „Heart Of The Sunrise“ - wirklich passend, auch wenn nach etwa 5 Minuten ein paar Klezmer-Klänge die Stimmung etwas durchrütteln und der Song im Bombast und mit der Feststellung „Wish you could know me now / We'd be great friends“ endet. Außerdem gelingt den amerikanischen Sympho-Proggern (leider fast nur auf diesem Song) etwas, an dem es ihnen in ihrer Musik noch viel zu oft mangelt – das Gespür für wirklich schöne Melodien! Ein deutlicher Pluspunkt gegenüber ihrem Vorgänger-Album „If“, selbst wenn „Cor Cordium“ doch beinahe wie „If II“ klingt!

Mit knapp 19 Minuten folgt dann das sehr sinfonische, diesmal an „Going For The One“ erinnernde „To Someone“, zugleich eine textlich gelungene Laudatio auf Gott – oder besser das Göttliche in uns, dieses „Mystery Of Life“. Und das alles ohne jeglichen Missionars-Eifer oder „Halleluja- und Amen“-Geeier. Hier könnten sich ein NEAL MORSE oder Ex-ENCHANT TED LEONARD locker mal ein paar textliche Scheiben abschneiden. Ähnlich veranlagt ist auch „Salvation Station“ (Ebenfalls durch eine akustische Gitarre eingeleitet.), eine Abrechnung mit dem Bibel-TV: „There's salvation on the station / There's salvation sold on that station / As the cameras roll / The satellite feeds my brain“.

Das Finale „She, A Lonely Tower“ erinnert dann ein wenig an das dummerweise auch noch in göttliche Botschaften verpackte Märchen von „Rapunzel“ und weist auch eine Rollenverteilung (Erzähler / Frau / Mann / Verführer) auf. Allerdings gibt’s hier sehr viele, nicht immer gelungene musikalische Brüche, die am Ende recht schwammig wirken. Ein gelungenes Finale klingt anders, wobei die interessantesten Momente der Bass setzt.

FAZIT: Zu viel YES - zu wenig Eigenes. Wobei „Cor Cordium“ den Vergleich mit dem letzten YES-Album „Fly From Here“ locker standhält und nicht unbedingt schlechter abschneidet.

Punkte: 8/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.11.2011

Tracklist

  1. Nothing Box
  2. One Heart
  3. Salvation Station
  4. Dear Daddy
  5. To Someone
  6. She, A Lonely Tower

Besetzung

  • Bass

    Steve Babb

  • Gesang

    Jon Davison

  • Gitarre

    Jon Davison, Fred Schendel, Alan Shikoh

  • Keys

    Steve Babb, Fred Schendel

  • Schlagzeug

    Randall Williams

  • Sonstiges

    Alan Shikoh (Electric Sitar), Jeffrey Sick (Violin), Ed Davis (Viola auf "Dear Daddy")

Sonstiges

  • Label

    Sound Resources / Just For Kicks

  • Spieldauer

    62:22

  • Erscheinungsdatum

    21.10.2011

© Musikreviews.de