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Haken: Visions

Stil: Progressive Metal

Cover: Haken: Visions

Progressivmetallische Hausmannskost aus dem Hause Sensory: HAKEN dienen sich der Tradition an, punkten aber auf ihrem zweiten Album mit Streicher-Geschmeide und etwas stringenterem Songwriting als auf "Aquarius" - im gegebenen Stilrahmen gleichwohl, denn wir reden eben von Prog und Epik.

Der instrumentale Opener "Premonition" hat demgemäß außer verhaltenem Muskelspiel wenig zu bieten, denn während man zumeist im metallischen Gestus verharrt, locken auch Slap-Bass und mathematisches Geschiebe keinen Kenner mehr hinterm Ofen hervor. Dass die Produktion erste Sahne ist, steht indes gleich fest. "Nocturnal Conspiracy" begeistert dann überraschenderweise regelrecht dank Ross Jennings' emotionaler Stimme. Einstweilen schieben die Gitarren zwar zu mechanisch, doch hinter seinen Vocals fällt dies nicht einmal allzu sehr auf. Der verheißungsvoll bedrohlichen ersten Hälfte steht wiederum Formatkino hintan: Keyboard-Gitarren-Abklatschen und ein Zusammenbruch ins Balladeske mit näselndem Bass und Piano, wobei der Fronter erneut alle Trümpfe ausspielen kann.

Die versöhnliche Note greift das sachte, aber rhythmisch verschlungene "Insomnia" auf. Mit etwas über sechs Minuten ist der Track relativ kompakt und regelrecht eingängig, von seiner Stimmung her auf jeden Fall erhebend, denn selbst die Instrumentalparts wirken gelöst. Das laut-leiselnde "The Mind's Eye" (Prog-Metal-Titel par excellence) empfiehlt sich in seiner Überschaubarkeit mit eingängigem Chorus als Anspieltipp, und wer sich der spielerischen Qualitäten rasch überzeugen möchte, findet im treibend schillernden "Portals" einen entsprechenden Kandidaten. "Shapeshifter" scheint diesen metallischen Zug weiterzuverfolgen, driftete jedoch einstweilen in psychedelische, fast gewohnheitsmäßig prog-rockige Gefilde ab.

"Deathless" hält - ungewöhnlich für eine achtminütige Ballade - anhaltend bei Laune, weil die Band melodisch variiert und mit der Dynamik spielt, um das Herz- und Titelstück gewissermaßen vorwegzunehmen. Hier kommen die Streicher mehr denn jeh zum Tragen, zumindest bis zum Ende der Einleitung, sobald feiste Riffs die Ruhe zerstieben. Beginnt Jennings zu singen, findet er sich vor tänzelndem Hintergrund wieder, wie ihn HAKENs ungleich sanfter agierenderen Neo-Prog-Nachbarn im eigenen Land nicht besser zurechtzimmern könnten. Diego Tejeida spielt hier vermutlich alle Karten aus (der Mann hat eine Menge Jordan Rudess gehört), Tom Maclean jazzt einstweilen, und Raymond Hearne klopft vereinzelt lateinamerikanisch. Die GENTLE-GIANT-würdigen Gesangsarrangements am Ende hat nicht jeder Wald-und-Wiesen-Progger drauf; sie empfehlen HAKEN definitiv für die Prog-Metal-Upper-Class.

FAZIT: "Visions" mag eine Genrescheibe sein und nichts weniger, rangiert jedoch eingedenk seiner Erzeuger in der oberen Liga. Wer auf Progressive Metal (and nothing but) steht, kommt dieses Jahr nicht hieran vorbei - Mehrwert inklusive, denn die Hooks insbesondere im Gesangsbereich sind nicht zu verachten, gerade in einem für Faserigkeit bekannten Stil.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.10.2011

Tracklist

  1. Premonition
  2. Nocturnal Conspiracy
  3. Insomnia
  4. The Mind's Eye
  5. Portals
  6. Shapeshifter
  7. Deathless
  8. Visions

Besetzung

  • Bass

    Tom Maclean

  • Gesang

    Ross Jennings

  • Gitarre

    Richard Henshall, Charlie Griffiths

  • Keys

    Diego Tejeida, Richard Henshall

  • Schlagzeug

    Raymond Hearne

Sonstiges

  • Label

    Sensory / Alive

  • Spieldauer

    71:31

  • Erscheinungsdatum

    21.10.2011

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