Zog Sleipnir, das achtbeinige Flügelpferd Odins, mit THE FLIGHT OF SLEIPNIR noch seine Runden in luftigen Höhen, kommt HELHORSE ungleich tiefer gelegt daher – logisch, sollte man meinen, verfügt das Ross aus der dänischen Folklore im Gegensatz zum norwegischen Höhenflieger doch nur über drei Beine. Entsprechend lässt man eben den Himmel in Ruhe und walzt dafür genüsslich die Erde platt.
Mir Rock’n’Roll-Flair, Doom-Feeling, Hardcore-Gekeife, Sludge-Geschleife, bluesiger Auflösung vieler Stücke und zentnerschweren Riffs sind Referenzen schnell bei der Hand: MASTODON, VOLBEAT, KVELERTAK, KYLESA, CROWBAR, schreit der Quizshow-Kandidat aufgeregt, als ihm im nächsten Moment bewusst wird, dass er in Sachen spontaner Assoziation vielleicht nicht ganz falsch gelegen hat, der Wahrheit mit seinen fein gelisteten Namen aber nicht nahe kommt; zu sehr wird bei „Of Wolves And Vultures“ nämlich Wert darauf gelegt, permanent die Stimmung zu schwenken. Fast so, als werde man vom belebten Gesellschaftszimmer in die kuschelige Wohnzimmerecke am Kamin getragen und wieder zurück. Tatsächlich findet sich die Zimmer-Metapher in der Tracklist wieder: „237“ zitiert eines ganz direkt, nämlich Stephen Kings ominöses Hotelzimmer aus „Shining“. Da skandiert der Mann „REDRUM!“ und alle schweigen still. Kaum traut man endlich wieder der Intimität des Blues, mit dem beispielsweise „White Light, Black Hope“ oder ausgerechnet „Deathride“ eröffnet wird, knallt der Käfig dann doch wieder zu und psychedelische Effekte wabern über stampfenden Gitarren und Easy-Metal-Seele, die das Erdreich mächtig erschüttert. Die Zeile „This Is The Death Ride“ könnte in ihrer Simplizität dem Soundtrack eines Bahnhofskinofilms entstammen, den sich ein Quentin Tarantino zum Vorbild genommen hat. „Lowered Expectations“ wiederum tönt schwer nach BLACK SABBATHs „Paranoid“ und irgendwo nimmt bald alles deren grobkörnige Ästhetik an, angereichert mit Psychedelica, die an BIGELF erinnern und Dopplereffekte eintreten lassen.
Schwer, das zu schlucken, denn die einfache „You get what you deserve“-Nummer, die sich in dem zitatreichen Songwriting und den nicht gerade mit Shakespeare verwechselbaren Texten niederlegt, harmoniert nicht unbedingt mit der schwierigen Einordnung von HELHORSE: Darf ich nun bedenkenlos mit im Takt grooven oder verpasse ich womöglich feine Nuancen im Gekloppe? Gerade der Gesang ist nämlich beides, artistisch bemüht und fokussiert brutal. „Of Wolves And Vultures“ ist gleichermaßen eingängig wie komplex arrangiert, mit 49 Minuten (Hidden Track mit Pause dazwischen bereits einkalkuliert) auch nicht gerade überlang, aber mit sehr gemischter Stimmungslage, und das, obwohl stilistisch eine durchgängige Richtung eingeschlagen wird.
FAZIT: Nimm dem Pferd ein Bein weg und es tritt dir mit den übrigen Hufen dreimal so kräftig in den Magen. „Of Wolves And Vultures“ erzählt „von diesem und jenem“, mit der Stimme eines engagierten Erzählers, der mit den Inhalten seiner Geschichte mitgeht und eben auch mal auf die Kacke haut, wenn es sein muss. Obwohl die Stimmfarbe immer die gleiche ist, ändert sich der Ausdruck. Von der Geschichte fühlt man sich manchmal berührt, manchmal irritiert und manchmal abgestoßen, aber den Erzähler, den schließt man zunehmend ins Herz. Und man wird sein Lagerfeuer wieder besuchen, wenn er mal wieder eines entzündet.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.10.2011
Søren Nybo Hansen
Mikkel Wad Larsen (Lead), Aske Kristiansen, Stephan Krabsen (Backing)
Jakob Møgelvang, Stephan Krabsen
Jesper Bergstedt
Aske Kristiansen (Rhodes)
Target Distribution / Mighty Music
48:48
13.05.2011