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Hell: Human Remains

Stil: Heavy Metal

Cover: Hell: Human Remains

Eine Band, die zwischen 1982 und 1987 live aktiv ist, es aber nicht zu Vinylehren gebracht hat, findet sich im Jahr 2010 wieder zusammen – und die Metalwelt steht Kopf. Nicht wenige halten „Human Remains“, das Debüt von HELL, für einen Meilenstein des klassischen Heavy Metals. „Album des Jahres“, „Meisterwerk“ – die Presse überschlägt sich förmlich mit Lobeshymnen.

Klar, dass man da erst einmal ein wenig skeptisch wird. Der nicht-kommerzielle (haha!) Metal-Undergroundler reibt sich zudem natürlich an Andy Sneap, der nicht nur als Gitarrist bei HELL eingestiegen ist – immerhin war Sneap seinerzeit ein echter Die-Hard-Fan der Band, lernte von deren damaligen Gitarrist und Sänger Dave Halliday das Gitarrespielen – sondern auch gleich die Produktion übernahm. Da befürchtet der True Metalhead (nochmals: haha!) eine weitere Plastikproduktion, ohne natürlich dabei zu erwähnen, dass es in aller Regel die Bands sind, die den Produzenten und den dazu gehörigen Sound auswählen. Dazu sind Nuclear Blast das Label der Engländer – klar, dass da mancher sämtliche Scheuklappen auf maximal lichtundurchlässig stellt.

Ganz ehrlich: Nach dem Genuss des ersten Videos („On Earth As It Is In Hell“) war auch ich geneigt, die Band als „überbewertet“ und „unspektakulär“ abzutun. Doch nachdem „Human Remains“ mittlerweile an die 25 Umrundungen im CD-Player absolviert hat, muss ich gestehen, dass das eine vollkommen falsche Einschätzung war. Was für eine faszinierende, außergewöhnliche, fantastische Band!

Der Reihe nach: Stilistisch ist die Band tief in der NWOBHM verwurzelt. Sie macht aber nicht den Fehler, sich sklavisch und dogmatisch daran zu halten. Mercyful Fate, progressive Elemente, alte Savatage, moderne Klänge (allerdings NICHT bei Andy Sneaps Produktion!), melodische Keyboards, düstere Sicko-Parts, die Boshaftigkeit des Black Metals – „Human Remains“ ist Metal durch und durch, aber in höchstem Maße abwechslungsreich.

Die Songs haben teilweise Überlänge, wirken dabei aber keinesfalls künstlich in die Länge gestreckt. Jede Sekunde der mehr als einstündigen Machtdemonstration fesselt den Hörer. Sei es durch das variable und jederzeit songdienliche Gitarrenspiel von Sneap und Kev Brower, sei es durch das Ausnutzen der gesamten Geschwindigkeitspalette von düster-doomig über mächtiges Midtempo bis zum strammen Sprint. Und über allem thront die sensationelle Stimme von David Bower, der flüstert, schreit, exaltiert singt, den wahnsinnigen Geschichtenerzähler genau so glaubwürdig rüberbringt wie den psychopathischen Massenmörder oder den durch und durch bösen Flüchtling aus der Irrenanstalt.

FAZIT: Man sollte vorsichtig sein mit Superlativen. Doch es ist in der Tat fraglich, ob es im klassischen Heavy Metal – und zum solchen muss „Human Remains“ trotz aller Boshaftigkeit, trotz aller krankhaften Abgedrehtheit gezählt werden – in den letzten 20 Jahren ein dermaßen starkes Debüt gegeben hat. Schwachpunkte? Beim besten Willen: Mir fällt nicht ein einziger ein. Von A bis Z überragend. Und das kann nur eines zur Folge haben: Die Höchstpunktzahl. Welcome to the Metal Heaven, HELL!

Punkte: 15/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.05.2011

Tracklist

  1. Overture Themes From Deathsquad
  2. On Earth As It Is In Hell
  3. Plague And Fyre
  4. The Oppressors
  5. Blasphemy And The Master
  6. Let Battle Commence
  7. The Devils Deadly Weapon
  8. The Quest
  9. Macbeth
  10. Save Us From Those Who Would Save Us
  11. No Martyrs Cage

Besetzung

  • Bass

    Tony Speakman

  • Gesang

    David Bower

  • Gitarre

    Andy Sneap, Kev Brower

  • Keys

    Kev Brower

  • Schlagzeug

    Tim Bowler

Sonstiges

  • Label

    Nuclear Blast

  • Spieldauer

    66:50

  • Erscheinungsdatum

    13.05.2011

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