Nach Goethes Erben, Erblast, Artwork, Zeitgeist und fetisch:Mensch ist HENKE das neueste Projekt von Namensgeber Oswald Henke. Nach der Vorab-EP vom "Vom A zum F" ist "Seelenfütterung" nun das Debütalbum dieser Band und es zeigt den charismatischen Künstler in gewisser Weise mit einem neuen Gesicht, vor allem in musikalischer Hinsicht.
Nichtsdestotrotz muss man gewisse Bedingungen erfüllen, um "Seelenfütterung" zu mögen. Denn Oswalds Sprechgesang ist natürlich immer noch genauso gewöhnungsbedürftig, wie seine Texte, die lesenswert, nachdenklich und gerne expressiv sind. Sie haben einerseits Bezug zur Realität, weisen aber andererseits immer noch die typische, düstere Bildhaftigkeit auf, die man von Henke kennt. Oft sind die Texte persönlich und gefühlvoll, dass Oswald aber auch ganz anders kann, beweist er im plakativen "Ich protestiere" sowie in "Manisch aggressiv", in welchem er unerwartet offensiv und zynisch Kritik an der hiesigen Gothicszene äußert. Wer das Morbide an seiner Lyrik schätzt, wird besonders am abschließenden "Herbstkinder" Gefallen finden. Gelungen sind auch Oswalds eigenwillige Wortkreationen, mit "Zeitfraßopfer" und "Erinnerungsbulimie" finden sich zwei besonders schöne im nicht minder seltsam betitelten "Uhren essen".
Doch nicht nur Gesang und Texte sorgen für eine Eigenständigkeit von "Seelenfütterung", sondern auch die Musik an sich. Über weite Strecken ist das Album ruhiger, als es nach der EP zu erwarten war. Lediglich das Triple aus den Tracks acht bis zehn rockt ziemlich straight drauf los, die meisten anderen Songs sind entweder recht ruhig gehalten oder leben von ihrer Dynamik aus leisen Strophen und zackigeren Refrains. Viel Platz wird dabei dem von Hanna Løg gespielten Piano eingeräumt, es kommt in so gutem wie jedem Song vor und übernimmt oft die instrumentale Führung. Einzelne Highlights herauszupicken, erweist sich als schwierig, weil das Songwriting durchgehend auf einem hohem Niveau angesiedelt ist und gleichermaßen durch Eingängigkeit, Abwechslungsreichtum und Charakterstärke der einzelnen Songs überzeugt. So wird jeder, der mit dem Album an sich etwas anzufangen weiß, sein ganz eigenen Lieblingssongs finden. Um das Spektrum aufzuzeigen, empfiehlt es sich, den eingängigen Opener "Weil ich es kann", das fragil-sphärische "Es ist Nacht", den Gitarrenpop-lastigen Titeltrack oder das herrlich traurige "An jedem Haar" zu nennen. Doch hat auch jeder der anderen Songs hat seine schönen, ansprechenden Parts und so bleibt einem nichts anderes übrig, als das Album am Stück zu hören und als Ganzes zu empfehlen.
FAZIT: Sehr schöne Musik, interessante Texte, die überaus gelungene Gesamtumsetzung samt düsterem Coverartwork und die besondere Aura, die der Namensgeber stets ausstrahlt, machen "Seelenfütterung" zu einem gelungenen Einstand und darüberhinaus zu einem besonderen Album.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.05.2011
Tom Bola
Oswald Henke, Hanna Løg
Stefan Söllner
Hanna Løg
Benjamin Küfner
SPV / Oblivion
50:47
15.04.2011