Nachdem mich das Vorgängeralbum von HIDRIA SPACEFOLK regelrecht aus den Socken geblasen hatte, legen die Finnen diese Scheibe nach, die zwar viele Parallelen zum Vorgänger aufweist, aber auch einige recht deutliche Unterschiede.
Bereits in den ersten 30 Sekunden von „Balansia“ fühlt sich der Hörer in die Tiefen des Urwaldes versetzt, aus dessen Innerem einen die Trommeln der Menschenfresser rufen, die einen mit Haut und Haaren vernaschen wollen. Sitzt man dann aber in ihrem musikalisch brodelnden Topf, dann köchelt er leider in einigen Momenten nur so vor sich hin. Mal gibt es richtig Feuer unterm Hintern, dass alle Weichteile Blasen ansetzen, dann wiederum scheinen sie doch mächtig zu pusten, um die Teile schnell wieder abzukühlen. Aber nach wie vor haben es die finnischen Musik-Feinschmecker auf unsere Ohren abgesehen!
Mit „Kokkola“ wird eine düstere, recht beängstigende Grundstimmung aufgebaut, die dem gesamten Album innewohnt. Angenehm überraschend ist hierbei besonders, dass anfangs plötzlich nicht mehr die OZRIC TENTACLES als wichtiges Bindeglied zu HIDRIA SPACEFOLK erscheinen, sondern SANTANA. Aber nur die frühen Santana, zu Zeiten von „Moonflower“, als der gute Carlos noch nicht acht Grammys eingeheimst hatte und mit den illustersten Sängern seiner Musik ein gehöriges Popappeal verpasste. Auch tanzt man hier nicht zu einer „Samba Paty“ um den Kessel, sondern mehr zu den weltmusikalischen Ausflügen, die unter Führung der ausufernden Gitarre ihren Höhenflug aufnahmen.
Die Scheibe hat einen unglaublichen Groove, der sich manchmal zu sehr verselbstständigt und zu der einen oder anderen Wiederholung, die auf die Dauer eintönig erscheint, neigt. In den besonderen Momenten glaubt der Hörer sogar, sich an das gigantische Album „You“ von GONG zu erinnern, wobei natürlich alle Gesangseinlagen und diese sphärischen Vocals fehlen. Hier liegen insgesamt die wahren Höhepunkte von „Balansia“, die stellenweise durch einige Wiederholungen an Kraft verlieren. Die Musik ist bodenständiger geworden und hebt nicht mehr so sehr wie auf „Symbiosis“ ab.
Trotzdem hält sie so einige Entdeckungen parat. Die größte Entdeckung ist aber für mich „Tarapita“ , wo nach achteinhalb Minuten deutlich KING CRIMSON gehuldigt wird! Und sogar GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR (Pajas) lächeln den Hörer zwar zurückhaltend, aber doch offensichtlich an. Ja, aber das sind die besten Momente in einem Album, das dem Vorgänger zwar das Wasser reichen will, aber dessen Krug auf halber Strecke zerbricht.
FAZIT: Leider kommt das Album musikalisch nicht an seinen, bereits hier besprochenen, Vorgänger heran, was wohl an der verstärkten Zurückhaltung bezüglich der psychedelischen Experimente und abgefahrenen Klangspielereien liegt. Während „Symbiosis“ gänzlich kompromisslos zur musikalischen Sache ging, fällt „Balansia“ verhaltener aus. Es hält eben wirklich die Balance, ohne irgendwann mal „umzukippen“.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.03.2011
Kimmo Dammert
Sami Wirkkala, Mikko Happo
Janne Lounatvuori
Teemu Kilponen
Olli Kari (Vibraphone & Marimba auf Titel 4), Samuli Peltoniemi (Trompete auf Titel 2 & 6), Annea (Cello auf Titel 2), Andy McCoy (Slide-Gitarre auf Titel 2)
Nordic Notes
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02.03.2005